Versuch einer Spurenlese, von Volker Harries…
Hominini versus Panini
Bei der Spurensuche nach geeigneten Ansatzpunkten zur evolutiven Wandlung früher Hominiden zum „Weisen Menschen“ führt der Vergleich mit rezenten Menschenaffen in eine Sackgasse. Denn schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Stammesgeschichte, als die „Pithecinen“ das Feld beherrschten, haben sich die Vorläufer der „Panini“ (Schimpanse und Bonobo, Gorilla, Orang Uta) von denen des Homo sapiens abgespalten. Während der etwa 6 Millionen Jahre, seitdem die zum Menschen und die zu den Menschenaffen führenden Entwicklungslinien sich trennten, hat Homo sapiens den „Rubikon“ der Menschwerdung überschritten. Es begann eine dynamische Phase der Evolution, die ein breit gefächertes Spektrum an – wechselseitig wirksamen – neuen Merkmalen, Eigenschaften und Fähigkeiten umfasste: vielseitig nutzbare anatomische Anpassungen, die Ausbildung von Verstand, Sprache, Empathie, Spiritualität, Kultur und Technik. Damit setzte sich der Mensch von allen Tieren ab – einschließlich der großen Primaten. Der zu den ‚Panini’ führende Zweig hat jedoch in seiner weiteren Entwicklung – wohl bedingt durch unveränderte Habitate und dadurch fehlenden Selektionsdruck – keine entscheidend neuen Richtungen eingeschlagen. Zwar weisen Mensch und Schimpanse in ihrem Genom weitgehende Übereinstimmung (>95%) aus. Die genetischen Abweichungen zwischen Mensch und Schimpanse sind dennoch 10fach größer als diejenigen von Mensch zu Mensch.
Zerebrale Ausstattung, Lernfähigkeit
Die Untergrenze für eine Zuordnung zur Gattung Homo wird meist bei einem Hirnvolumen 700-800 (900) cm³ angesetzt. Eine Ausnahme bildet der „Zwergmensch“ – auch als „Hobbit“ bezeichnet – Homo floresiensis, dessen Hirnvolumen nur ca. 380 cm³ beträgt. Doch nicht allein die Gehirngröße – sei es das absolute Volumen bzw. Gewicht, oder die Hirngröße in Relation zum Körpergewicht – ist bestimmend für den Entwicklungsstatus einer Spezies. Entscheidend sind Feinstruktur und Vernetzung des Zentralen Nervensystems. Einige Bereiche haben sich bei der Gattung Homo überproportional entwickelt; insbesondere der Neocortex (assoziatives Denken) und das Kleinhirn (Steuerung von Bewegungsabläufen). Neu hinzugekommen sind in der zerebralen Ausstattung des modernen Menschen – schon früh in seiner Entwicklungsgeschichte – ein Bereich für die sensorische Sprache (Wernicke-Zentrum) und ein Bereich für die Grammatik (Broca-Zentrum). Die Neurotransmitter Dopamin und Serotonin befördern den Lernprozess: ein Entstehen und Verstärken von Verknüpfungen (Synapsen). Die menschliche Gehirnleistung hat sich in neueren Studien als extrem formbar erwiesen: Empfangene Erfahrungen bewirken eine neu angepasste „Verdrahtung“. Dadurch erhält die strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns eine große Vielfalt. Jeder äußere Sinneseindruck wird innerhalb von Millisekunden mit einem Gefühl belegt – lange, bevor der bewusste Verstand wirksam wird. In der linken Hirnhälfte des menschlichen Gehirns – nicht aber in dem von Menschenaffen – befindet sich das Sprachzentrum; ein spezielles Modul, das als „Interpret“ bezeichnet wird. Die rechte Hirnhälfte hingegen registriert das Geschehen, ohne zu generalisieren oder zu extrapolieren. Alle laufenden Netzwerke fügen sich zu einem ganzheitlichen Eindruck. Bildgebende Techniken (MRT) haben große Fortschritte in der funktionalen Zuordnung einzelner Hirnareale ermöglicht, die u.a.der Psychiatrie neue Wege zur Therapierung pathologischer neuronaler Dissonanzen eröffnen.
Instrumente der “Menschwerdung”
Der Prozess der „Hominisation“, der Herausbildung der für die Gattung Homo typischen körperlichen Merkmale führt auf den Beginn des Quartärs zurück. Ein grundlegende Etappe war der Übergang zur „Zweibeinigkeit“, Er wurde durch eine veränderte Stellung des Beckens, und eine dem aufrechten Gang angepasste Konfiguration der Extremitäten ermöglicht. Damit wurden die Hände frei für die Handhabung von Werkzeugen und Waffen. Ein wesentlicher Baustein im Prozess der Menschwerdung war die Entwicklung der Hand zu einem extrem variabel verwendbaren Tast- und Greiforgan, das – noch heute, im Zeitalter von Computer-Tastaturen und berührungssensiblen Oberflächen – zu Zwecken der Kommunikation optmal genutzt werden kann. Erst ein umfassender anatomischer Umbau der Hand – eines der Wunderwerke der Evolution – erlaubte die feinfühlige und variable Ausführung verschiedenster Funktionen. Mehr als 30 Muskeln im Unterarm sind durch Sehnen mit der Hand verbunden. Im Verbund mit weiteren kräftigen Muskeln an den Handinnenseiten (Thenar an der Daumenseite, Hypothenar an der Seite des kleinen Fingers) und kleineren Muskeln im Bereich der Mittelhandknochen bilden sie ein komplexes System. Zusammen mit der durch eine Sehnenplatte geschützten Handfläche erlaubt dieses vielseitig bewegliche System unterschiedliche Griffarten: Während sich der „Kraftgriff“ (zwischen Daumen, gegengestellten 4 Fingern und Handfläche) für das Halten und Führen schwerer Gegenstände (Waffen, Werkzeuge) eignet, ermöglicht der „Präzisionsgriff“ (zwischen Daumen und Zeigefinger) den feinfühligen Umgang mit Nadeln, Stiften, Musikinstrumenten u.ä. Keiner der anderen rezenten Primaten vermag wie der Mensch die Hand zur Faust zu ballen oder fein abgestimmte, präzise Handhabungen durchzuführen. Weitere „Neuerwerbungen“ von Homo sapiens umfassten eine Gebissumstellung, verzögertes Einsetzen der Geschlechtsreife und die Ausformung des Gehirns. In Wechselwirkung mit diesen körperlichen Veränderungen erwuchsen auch die kognitiven und kulturellen Fähigkeiten des Menschen, und es erfolgte die geistige und soziale Prägung seines Verhaltens. Homo sapiens s. blieb der einzige „Nackte“ unter allen rezenten Primaten, und der einzige, bei dem das Wachstum des Haupthaares über längere Zeit anhält. Die Rückbildung der Ganzkörperbehaarung wird von den Anthropologen mit der Zunahme der Schweißdrüsen in Verbindung gebracht, die bei der Ausdauerjagd im offenen Gelände einer Savannenlandschaft zur Regulierung der Körpertemperatur beitrugen. Auf der nackten Haut kann der Schweiß direkt verdunsten; überdies wird der Befall durch Ektoparasiten bei geringer Behaarung reduziert. Eine Zeitspanne zum Verlust der Ganzkörperbehaarung im Verlauf der Stammesgeschichte des Menschen ist paläanthropologisch nicht zu belegen. Auch die Frage, wann und in welcher Abfolge sich die Ausbildung weiß-, gelb- und schwarzhäutiger Menschengruppen vollzog, scheint mangels hinreichender Indizien vorerst ungeklärt. Paläoanthropologen stehen vor dem Dilemma, es mit mehr oder – häufiger – minder vollständig erhaltenen fossilen Resten menschlicher Vorfahren zu tun zu haben. Unterschiede hinsichtlich der Fundhäufigkeit und des Erhaltungszustandes werden von den klimatischen, geographisch-morphologischen und den politischen Bedingungen ihres einstigen Verbreitungsgebietes unterschiedlich stark beeinflusst. Zum Beispiel sind die in jüngster Zeit entdeckten, fossilen Funde des in Asien beheimateten „Denisova-Menschen“ – lediglich je ein Finger- und Zehenglied sowie ein Backenzahn – so spärlich, dass die Zuordnung zu einer Spezies noch aussteht. Er scheint aber vor etwa 40.000 Jahren im Gebiet des Altai als dritte Menschenart – neben dem Neandertaler und dem Homo sapiens – verbreitet gewesen zu sein. Längste, und damit wichtigste Epoche der Menscheitsgeschichte, ist die vor rund 2 Millionen Jahren beginnende, und vor 9.000-4.000 Jahren ausklingende Steinzeit. Während der letzten 50.000 Jahre kam es zu großen Veränderungen im menschlichen Genom: bis zu 10% aller menschlichen Gene dürften sich seitdem verändert haben. In den letzten 10.000 Jahren haben sich der Ackerbau und die Domestikation vieler Tierarten stark auf unsere Kultivierung des Menschen ausgewirkt.
Beherrschung und Erzeugung von Feuer
Auch das Feuer ist in weiterem Sinne als Werkzeug oder Instrument der Menschwerdung einzuordnen. Die Beherrschung des Feuers bedeutete in Kaltperioden Wärme, Schutz vor wilden Tieren und die Möglichkeit, Nahrung aufzubereiten. Mit dem Auftreten von Homo ergaster, H. erectus, H. antecessor, H. heidelbergensis sind in Afrika und Asien die ersten Spuren der Feuernutzung anzutreffen. Aus Koob Fora (Ost-Turkana) stammen auf 1,5 Mio,. Jahre vor unserer Zeit datierte Hinweise auf den kontrollierten Gebrauch des Feuers. Direkte Nachweise aus ca. 1,4-1,8 Mio. Jahre alten Schichten fanden sich erstmals in einer Höhle bei Swartkrans in Südafrika. Daneben fanden sich Reste von Homo ergaster und mehr als 200 Säugetier-Knochenfragmente mit Spuren von Feuereinwirkung. Die ältesten Feuerstellen in Deutschland fanden sich an einem Lagerplatz von H. erectus in Thüringen (Bilzinghausen) und in Niedersachsen (Schöningen). Nächst jüngere Funde (600-650.000 Jahre) sind in Südfrankreich (Höhlen d’Aldène) lokalisiert. Regelmäßiger wurde die Feuernutzung wohl seit 600.000 Jahren. Das Lagerfeuer förderte das soziale Gefüge einer Gruppe, diente dem Austausch von Informationen, und war somit seit >500.000 Jahren ein wichtiger ‚Katalysator’ für die Entwicklung der Sprache und die gesamte „Kultivierung“ des Homo sapiens. Hinweise auf die Erzeugung von Feuer, deren Ursprung im Ungewissen liegt, finden sich erst in ca. 40.000 Jahren alten Schichten. Funde von Zunderpilzen in Niedersachsen(Salzgitter-Lebenstadt) sind in die Mittlere Altsteinzeit datiert. Weitere, in Yortkshire gefundene Reste sind der Mittelsteinzeit zugeordnet. Sichere Nachweise konzentrieren sich auf die Jungsteinzeit. Somit dürfte die breitere Nutzung des Feuers zeitlich mit den Anfängen ackerbaulicher Tätigkeiten verbunden sein. In dernacheiszeitlichen Periode war die Generierung von Feuer, deren Ursprung im Ungewissen liegt, in fast allen Kulturen – von Feuerland bis Sibirien – etabliert.
Evolutions-Psychologie
Die Evolutions-Psychologie geht davon aus, dass nicht nur vorteilhafte körperliche Eigenschaften, sondern auch auch die geistige Strukturmerkmale (Wahrnehmung, Lernleistung, Gedächtnis, Empathie, Problemlösung) ein Produkt evolutionärer Anpassungen sind. Evolutions-Psychologen versuchen, aus den Erkenntnissen der Paläontologie Hinweise auf die Evolution der Psyche zu erhalten. Bei dieser – nicht unumstrittenen – Forschungsrichtung werden Erkenntnisse über Teilaspekte der Evolution, Befunde zur Stammesgeschichte des Menschen, Jäger- und Sammler-Studien sowie ökonomische Modelle herangezogen, um das Verhalten der frühen Menschen zu erklären. Eine andere Forschungsrichtung verfolgt die Annahme, dass sich in der Ontogenese des Menschen nicht nur Spuren der körperlichen Phylogenese abbilden, sondern dass in ihr ebenso die Phylogenie der Psyche angelegt ist. Beide Ansätze, fachübergreifend der Menschwerdung nachzuspüren, bleiben umstritten. Die bisherigen Ergebnisse werden kontrovers diskutiert.
Emotionalität
Die Paläobiologin P. SPIKINS widmet sich speziell der Entschlüsselung fossiler Belege, die als Mosaikteilchen dienen können, um den Weg zum Menschen nachzuvollziehen, und damit eine Art Ahnentafel der emotionalen Menschwerdung zu erstellen. 2 Mio. Jahre vor unserer Zeit trauerte offenbar bereits Homo erectus um ihm nahestehende Verstorbene. Seit 500.000 Jahren pflegten Menschenarten wie der Neandertaler kranke oder verletzte Clan-Mitglieder. 160.000 Jahre alte Höhlenmalereien lassen Emotionalität in Form verschlüsselter Vorstellungen vom Wirken übernatürlicher Kräfte erkennen. Neben Fähigkeiten im gegenständlich-praktischen Bereich haben in erster Linie geistig-emotionelle Fortschritte den Homo zum sapiens gemacht.
Lachen kann nicht nur durch Freude oder eine als „erheiternd“ bzw. „lustig“ empfundene Situation ausgelöst werden, sondern kann auch dem Stressabbau dienen. Das Lachen – so vermuten Anthropologen – hat sich im Laufe der Evolution wohl schrittweise entwickelt, wobei im Ungewissen bleibt, wann und wie im Einzelnen diese Entwicklung verlaufen ist. Auch andere Primaten können lachen, auch wenn es sich z.B. bei einem im Versuch gekitzelten Schimpansen oder einem Gorilla, aufgrund der Anatomie seines Kehlkopfes, ganz anders anhört als beim Menschen (M. DAVILA ROSS u.a.). Die 25 Gesichtsmuskeln, die der
Mensch zum Lachen benötigt, besitzen offenbar auch Schimpansen. Das Lachen ist demnach keine rein menschliche Geste. Der spezifisch menschliche Klang des Lachens entstand vielleicht schon, als sich fossile Homo-Arten von den übrigen Hominiden abgespalten haben.
Empathie
Die Empfindung von Trauer ist, wie Ergebnisse der Verhaltensforschung und Erfahrungen aus der Haustierhaltung gezeigt haben, nicht dem Homo sapiens vorbehalten. Wir wissen, dass hoch entwickelte Säugetiere wie Menschenaffen, Elefanten und Hunde Zeichen von Trauer oder Freude erkennen lassen. Treue – auch über den Tod hinaus – ist für Primaten und Elefanten belegt. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist auch bekannt, dass z.B. Hunde mit Verhaltensauffälligkeiten (Trenungsangst, Geräuschphobien, Panikattacken) erfolgreich mit Psychopharmaka behandelt werden können. Das Vermögen, sich in die Gefühlswelt anderer Lebewesen hineinzuversetzen und – sei es Schmerz, Trauer, Freude, Hoffnung odcr Verzweiflung – und deren Gefühle nachzuempfinden, ist ein Grundpfeiler des Menschen als soziales Wesens. Der Schlüssel zu der Fähigkeit, das Verhalten anderer Menschen schnell und intuitiv zu verstehen, liegt in einem neuronalen „Netzwerk der Empathie“, den Spiegelneuronen, deren Mechanismus und Funktion erst vor etwa einem Jahrzehnt entdeckt wurden. Erklärbar wird dadurch auch, warum Menschen häufig unbewusst das Verhalten ihrer Mitmenschen – wie z.B. das Gähnen – imitieren. In diesem Zusammenhang ist auch das Phänomen des „speaker-listener coupling“ zu verstehen. Die Spiegelresonanzen des Hörers folgen dabei denen des Sprechers mit einer Latenz von 1-3 Sekunden.
„Biokulturelle Evolution“
Mentale Meilensteine wie „Bewusstwerdung“ und „Vergeistigung“ des Menschen waren einerseits verbunden mit einer überproportionalen Vergrößerung des Neocortex; andererseits
mit der Aktivität verfeinerter Elemente wie neuronaler „Sensoren“ und Schaltstellen (Module). Die gegenüber allen anderen Hominiden herausragende Stellung des Menschen erklärt sich durch die – weitgehend synchron – „zweigleisig“ verlaufende biokulturelle Evolution (M.BLUME). Diese beinhaltet einerseits die wechselseitige Beeinflussung und Fortpflanzung biologischer Veranlagungen wie etwa Verdauung oder Gehirngröße, DNA, Ausbildung der Hand, des Zungenbeins oder der Hautfarbe; andererseits schließt sie erlernte Traditionen bezüglich Nahrung, Sprache, Musikalität und Religiosität ein; ebenso kulturelle Artefakte wie Kleidung und Werkzeuge.
Das den Menschenaffen fehlende entscheidende Gen FOXP2, das die Muskeln von Lippen und Zunge steuert, und hilft, die Grammatik längerer Sätze zu verstehen, befähigte den Menschen zur Entwicklung der Sprache. Eine unserem Verständnis von Sprache entsprechende Differenzierung von Lauten wird beim Schimpansen und Gorilla schon durch die Anatomie des Kehlkopfes verhindert. Bereits beim Neanderthaler lassen die Ausbildung des Zungenbeins und des FOXP-Gens auf Sprach- und Symbolverständnis schließen. Die Entstehung der Sprachverständigung ging einher mit dem Ausbau der Hirnstrukturen, die den Erkenntnisprozess erst ermöglichten und die Erkenntnisfähigkeit verbesserten. Unterschieden werden: die „primäre Sprache“ (Übermittlung von Informationen), die „sekundäre Sprache“ (Darstellung von Handlungen) und die „tertiäre Sprache“. Letztere ermöglicht Kreationen, die Symbolisierung von Dingen, und schafft damit die Voraussetzung zur Darstellung einer fiktiven und virtuellen Welt. Homo sapiens ist – über das Instrument der Sprache – sozial, emotional, spirituell und kulturell geprägt. Im Prozess der Menschwerdung sind Sprachkultur, Spiritualität, Religiosität und entscheidende soziale Veränderungen sowie das Verständnis für technische und naturwissenschafliche Zusammenhänge untrennbar miteinander gekoppelt. Die Sprache ist die vielleicht wichtigste Errungenschaft des Menschen im Verlauf seiner Evolution. Im sozialen Gruppenverbund mit Ansätzen zu religiösen Vorstellungen, mit beginnender Landwirtschaft und zunehmender Sesshaftigkeit,erhält die sprachliche Kommunikation eine immense Bedeutung für die Entwicklung der frühen Kulturen.
Die Macht des Unbewussten (A.USTORF u.a.)
Obwohl wir uns als rationale Wesen betrachten, die nach bewusstem Abwägen entscheiden und handeln, beweisen bildgebende Verfahren, dass die meisten unserer Entscheidungen unbewusst getroffen werden. Neuere Versuche (J.-D. HAYNES, 2008) zeigten: bereits 10 Sekunden vor einer als bewusst erlebten Entscheidung beginnt eine Kaskade unbewusster Prozesse im Gehirn, eine Entscheidung vorzubereiten. Unser Gehirn entscheidet also, bevor wir es wissen. Etwa 95% der Prozesse im Gehirn laufen unbewusst ab. Nur das über die assoziativen Areale der Großhirnrinde laufende Erleben ist vom Bewusstsein begleitet (G.ROTH). Mehr als 10 Millionen Sinneswahrnehmungen kann unser Gehirn in einem Moment gleichzeitig aufnehmen, von denen wir nu etwa vierzig bewusst erleben. Dabei arbeiten verschiedene Module im Gehirn – dezentral und ohne ein übergeordnetes Ordnungszentrum – in komplexer Weise zusammen. Die unbewussten neuronalen Verarbeitungsprozesse beruhen einerseits auf aktuellen Sinneseindrücken, zum anderen auf zahllosen Wiederholungen und Erfahrungen. Fast alle Ergebnisse neuerer Studien deuten darauf hin, dass es sich bei allen bewussten und unbewussten Abläufen im Gehirn stets um eine Zusammenspiel unterschiedlichster Areale handelt; dass es also keinen „Sitz“ des Bewusstseins oder Unbewusstseins im Gehirn gibt. Auch unsere auf Empathie begründeten Gefühle, Entscheidungen und Handlungen treten unbewusst auf den Plan. Ebenso das Gedächtnis: es enthält Unmengen von Informationen und Erinnerungsspuren aus unserer Vergangenheit. Autobiographische Erinnerungen sind gleichsam der Fundus, aus dem wir unser Selbstverständnis und unsere Motivation immer wieder neu generieren („du bist, woran du dich erinnnerst“). Wann in der humanen Stammesgeschichte eine Trennung in bewusste und unbewusste Aktionen aufgetreten ist, dürfte schwer nachzuvollziehen sein.
Träume
Auch Träume können tief reichende Dimensionen annehmen und in starkem Maße in die Lebensführung eingreifen. Träume – zum Teil intensiviert durch halluzinogene Rituale -, in denen verstorbene Angehörige oder Geisterwesen erscheinen, verstärken transzendentale Vorstellungen bei Naturvölkern. U.NUBER stellt Träume in die Nähe halluzinativer Abläufe. Dabei ist wiederum die Frage zu stellen ist, welche Funktion Träume in der Evolution hatten, oder ob es vielleicht nur „Zufallsprodukte“ der Evolution sind. Träumen Katze und Hund wirklich von der Mäusejagd oder anderen Erlebnissen des Tages, wenn sie im Schlaf mit den Pfoten zucken, und ihre Augen sich schnell hin und her bewegen? Verschiedene Befunde (N.RATTENBERG u.a.) deuten daraufhin, dass Säugetiere und vielleicht auch Vögel träumen. Ist aber die REM-Phase bei Tieren wirklich immer gleich Träumen? Es scheint wahrscheinlich, dass die Fähigkeit zu träumen in der Stammesgeschichte schon vor dem Erscheinen des Menschen entwickelt wurde; doch wann, und wie das Träumen begann, ist schwer zu beweisen. Auch die Frage, welche Funktion Träume in unserem Leben und in der Evolution haben, ist umstritten und letztlich ungeklärt (A.HOBSON u.a.).
Charakter
A.WOLF unterscheidet 6 Dimensionen bzw. Schlüsselkomponenten des Charakters, die sich bereits relativ früh im Leben zeigen: .Intelligenz (kontrollierte und spontane Intelligenz), Antrieb (Energie, Hartnäckigkeit im Verfolgen von Zielen, Gewissenhaftigkeit, Selbständiges Denken), Zufriedenheit („Glück finden können“), Moral (Gewissen als innerer Kompass), Freundschaft (längerfristige und reziproke Beziehungen), Vertrauen (sich öffnen und so andere Menschen an sich binden). Manche dieser Eigenschaften sind stark in unserer biologischen Ausstattung angelegt, andere bilden ein veränderliches Potenzial, und können das Charakterprofil in unterschiedlichem Sinne beeinflussen. In welchen zeitlichen Abläufen der Evolution die verschiedenen Schlüsselkomponenten der komplexen mentalen Ausstattung des Menschen wirksam wurden, und inwieweit die einzelnen Komponenten sich in der Evolution als nützlich oder vorteilhaft erwiesen haben, bleibt im Ungewissen.
Magisches Denken und Spiritualität
Mit dem strukturellen Ausbau des Großhirns erweiterte sich auch dessen funktionelles Spektrum: Die Psychologin M.LINDEMAN definiert magisches Denken als die Erwartung, dass die Welt beseelt sei. Genau diese Lebenseinstellung finden wir z.B. im Animismus der im engen Kontakt zur Natur lebenden Völker Amerindiens, wie etwa der Wayúu im Nordosten Kolumbiens. .Die Neigung zum magischen Denken verleiht dem Menschen in Krisenzeiten – im täglichen Leben wie gegenüber dem Tod – Kraft und Zuversicht. M. HUTSON schreibt dem Aberglauben die Funktion zu, dem Menschen das Gefühl von Kontrolle bzw. postiver Einflussnahme zu vermitteln, dadurch seine Furcht zu mindern und Zuversicht zu vermitteln. Auch das Phänomen der „magischen Übertragung“ von Eigenschaften oder Geschehnissen (z.B. Krankheit oder Ansteckung) ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Dem magischen Denken liegt ein chemischer Schlüssel zugrunde: der Neurotransmitter Dopamin vermittelt das Speichern von Ereignissen als „bedeutungsvoll“ (Schizophrenie: Dopanin-Level hoch, Depression: Mangel an Dopamin). Schon bei den frühen Menschen entwickelte sich der Drang, über das Jenseits des Todes zu sinnieren, das Geschehen in der ihn umgebenden Natur und am Firmament zu erforschen, Ängste und Phantasien in bildende Kunst umzusetzen. Das Streben, den umgebenden Ereignissen auf den Grund zu gehen, ist ein wichtiger Teil im „Motor“ zur Menschwerdung. Zwar untersuchen auch Tiere – vor allen im Zusammenhang mit dem Nahrungserwerb – neugierig ihren Lebensraum; es bleibt jedoch bei kurzfristigen Aktionen, und das Interesse lässt rasch nach. Aus neurologischer Sicht ist das „Modul“ der Spiritualität im Frontallappen des menschlichen Großhirns lokalisiert
Evolution religiöser Vorstellungen
Fragen nach einem Sinn des Daseins, einem Leben nach dem Tod und dem Wirken übernatürlicher Kräfte jenseits des Verstandes sind untrennbar mit der menschlichen Existenz verbunden. Die Entwicklung erster religiöser Vorstellungen lässt sich nicht genau datieren. Für Homo erectus fehlen bisher eindeutige Beweise, doch spätestens aus der mittleren Steinzeit gibt es – häufig mehrdeutige – Hinweise auf ein religiöses Weltbild des Menschen („Totengericht“). Nur sehr schwer lassen sich frühe Glaubensformen nachweisen, da die archäologischen Funde – als einzige verfügbare Grundlage – sehr komplexe Deutungen zulassen. Dies ändert sich mit den ersten schriftlichen Überlieferungen von Kulthandlungen, Göttern und Mythen der ältesten Hochkulturen von Mesopotamien und Ägypten. Bestattungskulte stellen für die frühen Menschengruppen den transzendentalen Bezug her. In der Mittleren Altsteinzeit begannen unsere Vorfahren ein neues Verhalten zu zeigen, das dann innerhalb weniger tausend Generationen zu einer menschlichen Universalie evolvierte: sie bestatteten ihre Toten. Grabbeigaben (Werkzeuge, Fleischstücke, Ockerfarbe), lassen vermuten, dass der Tod nicht mehr als „letzte Station“ verstanden wurde. Bereits von den Neandertalern sind bisher zahlreiche Funde mit Grabbeigaben belegt, die auf eine Bestattung hindeuten. Erst ab dem Jungpaläolithikum weisen sorgfältigere und reichere Grabbeigaben auf ein Jenseitsverständnis hin. In der Folgezeit werden die Grablegungen in zunehmendem Maße mit reichen Beigaben versehen, wovon u.a. die Königsgräber der Pharaonen Zeugnis geben.
Neurobiologie / Neurotheologie
Neurobiologen und Molekularbiologen untersuchen, was im Kopf religiöser Menschen vor sich geht, suchen nach „Gottes-Genen“, Religionsdemographen versuchen zu ergründen, warum Atheisten weniger Kinder haben, und Evolutionspsychologen sind dem Ursprung und
Nutzen von Religiosität auf der Spur. Die Neurobiologie liefert dem Reizthema „Religion“ neue Nahrung. Nach M.BLUME gibt es einige neuro- und evolutionsbiologische Indizien für eine Natur und eine Naturgeschichte des Glaubens. Im Vordergrund steht die Frage, warum die Verehrung übernatürlicher Entitäten (Ahnen, Geister, Götter, Gott) sich in der Evolution als biologisch erfolgreich erwiesen hat. Seit mehr als 10 Jahren beschäftigen sich mehrere Forschungsgruppen mit den neuronalen Prozessen, die im Zusammenhang mit religiösen Empfindungen im Gehirn ablaufen. Dem immer wieder unternommenen Versuch, Religiosität bzw. Gottglauben im Gehirn zu lokalisieren („Gottesmodul“), gibt der Neurobiologe G.WOLF keine Aussicht auf Erfolg. Er erklärt religiösen Glauben und Glaubensfähigkeit als eine Leistung uralter „Schaltkreise“ des Gehirns; etwas Systemhaftes, das nicht auf eine einzige Region festzulegen ist, sondern sich über das ganze Gehirn verteilt; (fast) alles ist mit allem verbunden. Dieselben Hirnstrukturen werden auch für ganz andere Leistungen herangezogen. Diese Annahme wird auch durch eine Untersuchung der Psychologin N. AZARI gestützt. Sie ließ Testpersonen aus der Bibel lesen, und untersuchte die Aktivitätsmuster: Bei den Gläubigen zeigten die Hirnscans etwas ganz anderes als bei den Atheisten. Bei den Gottsuchenden waren vor allem die Areale angeregt, die die Aufmerksamkeit, Selbstwahrnehmung und Erinnerungsvermögen steuern. Religiöse Erlebnisse werden demnach von persönlichen Vorerfahrungen und inneren Einstellungen beeinflusst – ohne spezielle Glaubenszentren
Religiosität
Der Theologe und Biologe U.LÜBE formulierte den Satz: „ die Religion bildet den Rubikon der Hominisation, und der Soziobiologe E.O.WILSON nennt die Religion „die größte Herausforderung für die Soziobiologie“. Für andere Forscher bleibt die „Religion ein Rätsel“. Woran liegt es, dass Menschen zu allen Zeiten – auch heute noch – , in fast allen Kulturen, gläubig sind? Vom evolutiven biologischen Standpunkt könnte Religion als „überflüssiger Luxus“ erscheinen. Doch vielleicht – so mutmaßte schon Ch.DARWIN – könnte Religiosität auch einen Selektionsvorteil verschaffen. Die Hypothese, dass Religiosität und die dazugehörigen Merkmale als evolutionäre Anpassung zu verstehen sind, ist jedoch weiter umstritten; ebenso die Deutung von Religiosität als „Nebenprodukt“ anderweitig selektiver Merkmale. M.BLUME beschreibt Religiosität als „ein mehr oder weniger ausgeprägtes Persönlichkeitsmerkmal, eine Religion i.w.S. zu haben, und sich so gläubig auf Transzendentales zu beziehen – im Erleben, Denken, Fühlen und Handeln.
Schlangengott in der Kalahari?
Annähernd 60.000 Jahre, bevor nomadisch lebende Menschengruppen auf dem Hügel von Göbekli-Tepe vor 16.000 Jahren im Süden der Türkei großartige Monumentalbauten errichteten – von einigen Forschern als „Wiege der Zivilisation“ bewertet – , haben frühe moderne Menschen in einer kleinen Höhle in der Wüste Kalahari zu einem Schlangengott gebetet. Zumindest glaubt die britische Archäologin SHEILA COULSON Belege für eine derartige Kultstätte aus grauer Vorzeit gefunden zu haben. Aufmerksamkeit erregte eine 6m lange und 2m hohe Steinformation natürlichen Ursprungs, die dem Kopfteil einer Pythonschlange ähnelt. In die Oberfläche des Felsens scheinen Menschen Hunderte von rundlichen Vertiefungen gemeißelt zu haben, die dem Betrachter den Eindruck von Schlangenhaut vermitteln. Am „Kopfteil“ fand das Coulson- Team Hunderte Artefakte: steinerne Speerspitzen und Meißel, deren Form und Herstellungstechnik typische Merkmale jener Periode der Steinzeit erkennen lassen. Würde sich die These von COULSON erhärten, wäre dies eine Sensation. Denn der anatomisch moderne Mensch dürfte sich zwar schon vor etwa 200.000 Jahren in Afrika entwickelt haben; seine geistige Ausstattung jedoch, wie die Fähigkeit zu abstraktem symbolischen Denken, sei jedoch – so die bisher geltende Einschätzung – erst vor etwa 50.000 Jahren entstanden, als die Wanderungsphase des Menschen nach Asien und Europa einsetzte.
Frühe Kunstzentren der Kulturgeschichte
Verfolgt man die Quellen künstlerischen Schaffens unser Vorfahren, so führt der Weg in die
Schwäbische Alb. Bewundernswert das hoch entwickelte Kunstempfinden von Menschen, die vor 40.000-31.000 Jahren lebten. Die Künstler dieser frühen Epoche schufen zahlreiche fein bearbeitete Tierminiaturen aus Elfenbein, die in einigen Höhlen der Schwäbischen Alb hinterlassen wurden. Es bestehen kaum Zweifel, dass sie nicht als Gebrauchsgegenstände, sondern kultischen Zwecken dienten. Tierskulpturen wie der Mini-Mammut – größtes Beutetier jener Periode – oder der „Löwenmensch“, zeugen von feiner Beobachtungsgabe und
starkem künstlerischem Empfinden. Sie werden mit kultischen Handlungen in Verbindung gebracht. Die ebenfalls im Kontext kultischer Vorstellungen – einer Art von Jagdzauber – erschaffenen kunstvollen Höhlenmalereien im Südwesten Europas waren alle jünger als 40.000 Jahre (Lascaux: 19.000-17.000 Jahre).
Lange Zeit sah die Forschung in der Kultivierung von Getreide und der Domestikation von Schaf, Ziege und Rind die auslösenden Faktoren für den Beginn der Sesshaftigkeit und die Entstehung von „Zivilisation“. Nach dieser bisher favorisierten Theorie (V.GORDON CHILDE) folgt die Religion auf die Gründung von Siedlungen und den Beginn von Ackerbau und Viehzucht, um das soziale Zusammenleben zu fördern. Doch schon Teilergebnisse der langjährigen Grabungen an der Kultstätte von Göbekli Tepe im Süden der Türkei, der ältesten bisher bekannten monumentalen Architektur überhaupt, könnten zu einem Umdenken führen. Mit dem Fortgang der Grabungen wurden die enormen Ausmaße der Kultanlage sichtbar, die vor etwa 11.600 Jahren – 7.000 Jahre vor Stonehenge und dem Bau der Pyramiden von Giseh – errichtet wurde. Die Funde im Bereich der großräumigen Tempelanlagen von Göbekli-Tepe gaben den Archäologen Anlass zu der neuen These: nicht veränderte Umweltbedingungen – eine Wärmeperiode am Ende der Eiszeit, die den Anbau von Pflanzen und die Tierhaltung ermöglichte – , sondern Kulthandlungen gaben den Anlass zur Sesshaftigkeit. Zu der Zeit, als Göbekli Tepe entstand, lebten die meisten Menschen noch in kleinen nomadischen Gruppen, die Wildpflanzen sammelten und Tiere jagten. Doch um eine so große Tempelanlage zu errichten, mussten bis zu 500 Menschen zusammenkommen; mehr,als wohl jemals zuvor; und sie schafften es, bis zu 16 to schwere Felsblöcke zu brechen, zu bearbeiten und einige hundert Meter weit zu transportieren – ohne über das Rad oder über Lasttiere zu verfügen! Sie müssen hier gearbeitet haben, obwohl es vor Ort kein Wasser gab; der nächste Fluss liegt etwa 5 km entfernt. Es fanden sich weder Mauern, noch Häuser, Koch- oder Feuerstellen. Tausende Gazellen- und Auerochsen-Knochen lassen darauf schließen, dass die Arbeiter wohl mit Wild aus entfernten Jagdgebieten versorgt wurden. Bisher hätte man nomadisierenden Wildbeutern – ohne eine Lebensgrundlage durch Ackerbau und Viehzucht – das Erschaffen so monumentaler Kultanlagen, wie sie auf dem Hügel von Göbekli Tepe hinterlassen wurden, niemals zugetraut. Obwohl die Bauten eine Organisation und Planung erfordert haben müssen, gibt es keine Hinweise auf hierarchische Strukturen (z.B. keine „gehobenen“ Wohnbereiche oder reiche Gräber). Es gibt kaum Zweifel: Es waren Jäger und Sammler! Und es gab zu dieser Zeit weder eine Schrift, noch das Rad, Keramik oder Metall! Bis 2003 wurden in Göbökli-Tepe mindestens 20 Kultanlagen festgestellt, die jeweils aus mehreren Steinkreisen und mehr als 5 m hohen und bis 16 to schweren Pfeilern bestehen. Sie sind unterschiedlich fein bearbeitet, und mit Tierfiguren in Form von Flachreliefs verziert. Neben bedrohlichen Tieren wie den Skorpione, Löwen und Keiler zeigen sie auch Fuchs, Schlange und Kranich. Aus noch unbekannten Gründen scheinen die Steinkreise alle paar Jahrzehnte ihre Bedeutung oder ihren Zauber verloren zu haben. Die Pfeiler wurden begraben, und innerhalb des Kreises neue errichtet, mit einem zweiten, kleineren Ring, manchmal auch einem dritten. Dabei ließ die Qualität der Tempelanlagen – aus ebenfalls unbekannten Gründen – immer mehr nach.
Schlussbemerkung
Der Mensch hat in seiner evolutiven Karriere ein Bündel fortschrittlicher – und in seiner Umwelt erfolgreicher – anatomischer und geistiger Fähigkeiten erworben, die in ihrem Zusammenspiel sein komplexes, vielschichtiges und variables Gesamtbild formen: sprachliche Kommunikation, Verstand, Forschergeist mit dem Blick auf irdische Phänomene und auf die Planeten am Himmel, Planung zur Versorgung der Gruppe, künstlerisches Schaffen in der Verbindung mit Spiritualität, Erinnerung an Vergangenes und Gedanken an die Zukunft, Phantasie, das Träumen und das Ausleben von Emotionen. Zwar bildet der Mensch nur ein – bis dato letztes – weiteres Glied in dem bis heute nur rudimentär aufgedeckten Geflecht menschenähnlicher Entwicklungsformen; man wird dem Menschen jedoch sicher nicht gerecht, wenn man sich anschickt, ihm seine von allen anderen Lebewesen – einschließlich der rezenten Hominiden – solitär abgehobene Stellung abzuerkennen. Zweifellos besitzen Menschenaffen, Wale und Delphine, Elefanten, Rabenvögel und Papageien in einigen Verhaltenssegmenten gewisse „menschenähnliche“ Eigenschaften und Fähigkeiten. Betrachtet man jedoch die Gesamtheit dessen, was das Menschenbild ausmacht, so kann – sei man Christ, Agnostiker oder Atheist – wohl kein Zweifel daran bestehen, dass Homo sapiens nicht lediglich eine „etwas höher entwickelte Tierart“ darstellt, sondern ein einzigartiges Wesen, dessen Gesamtvernetzung und Interaktionen mit seiner Umwelt über die Fähigkeiten jedweden Tieres weit hinausgehen.
Literatur/Quellen
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Nutzung und Herstellung von Werkzeugen
Zunächst, vor etwa 2,5- 1,5 Mio. Jahren, z.B. in Gona, Äthiopien und der Oldowan-Kultur in Tansania – den weltweit ältesten Stätten der Fertigung von Steinwerkzeugen – waren es primitive Formen, ab etwa 1,5 Mio. Jahren v.u.Z. verwendeten die frühen Menschentypen zunehmend effektivere Werkzeuge zur Bearbeitung von Materialien, ebenso wie für die Jagd. Danach gab es im Paläolithikum – z.B. in der Acheuléen-Kultur (600.000-300.000 Jahre v.u.Z:) – nun nicht mehr nur Absplitterungen zum Schneiden und Schaben, sondern auch Faustkeile, Speer- und Pfeilspitzen. Im Neolithikum – im Verlauf einer Periode, die auch als „Neolithische Revolution“ bezeichnet wird – gelingt es dem menschlichen Erfindergeist, in immer rascherer Folge Werkzeuge und Gerätschaften und Methoden zu erfinden, die einer sesshaften sozialen Gruppe das Leben und das Überleben erleichterten. Die älteste archäologische Kultur des europäischen Jungpaläolithikums, das Aurignacien (37.000-27.500 Jahre), war mit der Ausbreitung des modernen Menschen verbunden. Auf eine lange Phase ( ≥ 2 ,5 Millionen Jahre Alt-und Mittelsteinzeit) kultureller Stagnation folgen 5.000 Jahre Neolithikum, mit einem Bündel neuer Entwicklungen – eine Periode, die auch als „Neolithische Revolution“ benannt wird. Vom Neanderthaler fehlen bisher Belege für die Gestaltung von bildlicher Kunst und Schmuck
Werkzeugnutzung durch Tiere
Schimpansen und andere Menschenaffen sind demgegenüber im Verlauf ihrer Stammesgeschichte kaum über den Gebrauch einfachster Werkzeuge (Louis Leakey), hinausgekommen: Sie verwenden Steine zum Öffnen von Nüssen; Stäbe, mit deren Hilfe sie Honig aus Baumstämmen ziehen, den sie ablecken; sie können Termiten mit kleinen Zweigen aus ihren Bauten angeln und zugespitzte Äste als Jagdwaffe zu verwenden. Auch der sequenzielle Gebrauch von mehreren unterschiedlich geformten Stöcken (dick und stumpf zum Aufbrechen, dünn zum Hebeln, mit ausgefransten Enden zum Eintauchen in den Honig und löffelartig zum Schöpfen) ist von Verhaltensforschern belegt. Primatenforscher, wie z.B. Christophe Boesche sehen schon im Auswählen geeigneten Materials (z.B. bestimmter Zweige oder Steine), im Transport von Werkzeugen über größere Entfernungen, und der Weitergabe bestimmer Fertigkeiten – wie etwa des Zerschlagens von Nüssen – an nachfolgende Generationen, eine Art von „Kulturbildung“. Der junge Schimpanse muss jedoch den Gebrauch der Werkzeuge selbst herausfinden, denn die Eltern erteilen dem Nachwuchs keinen Unterricht (P.WEBER). Als „menschennähnliches“ Verhalten bewerten wird einige Primatologen ebenso die Fähigkeit der auch als „Waldmenschen“ benannten Orang-Utans, mit geeignetem Pflanzenmaterial Schlafnester in den Bäumen zu bauen, oder – unter Zoo-Bedingungen – Schlitzschrauben mit dem Daumennagel zu öffnen. Das Spektrum des bisher von Menschenaffen gezeigten konstruktiven Herstellens und Nutzens von Werkzeugen scheint im Verlauf der Evolution auf einem niedrigen Niveau zu stagnieren. Eine Zuordnung des Schimpansen und des Bonobos zur Gattung Mensch erscheint in mehrfacher Hinsicht abwegig. Viele der für die Menschenaffen beschriebenen Beispiele für den Gebrauch von einfachen Werkzeugen kennen Zoologen auch anderen Höheren Tieren Beispiele: Delphine lösen Schwämme vom Meeresboden und stülpen sie über ihre Schnauze, als Schutzhülle bei nder Futtersuche am Boden. Seeotter legen sich – auf dem Rücken treibend – einen Stein auf den Bauch und benutzen einen zweiten Stein zum Öffnen von Schalentieren. Krähen bearbeiten Pflanzenteile zum Herausziehen von Maden aus Baumritzen. Vergleichbar der Leistung von Schimpansen ist die – ohne Versuch und Irrtum – erfolgreiche sequenzielle Verwendung unterschiedlich langer Stöckchen durch Krähen. Der Ornithologe K.R.L.HALL beobachtete in Neuseeland bei Laubenvögeln eine ausgefallene Art der Werkzeugnutzung: das Auftragen von Farben durch Pinselbenutzung. Zur Ergänzung der von ihnen an ihrer Laube angebrachten farbigen Gegenstände (Beeren, Schneckenschalen, Glas, Plastikteile) – möglichst in gelben oder roten Farben – verwendet das ♂ braun-rot-gelbe Farbstoffe (eine mit Speichel versetzte Mischung aus Blättern, Früchten und Lehm) zum Bemalen der Wände. (K.R.L. HALL, 2009).
Ackerbau und die Domestikation von Wildtieren
Der vielleicht früheste Hinweis auf den Anbau von Getreide stammt aus Bab edh-Dhra in Jordanien. Hier fanden sich 11.00 Jahre alte Gebäudereste, die als Kornspeicher gedient haben dürften. Vor 8.000 Jahren begann die Ausbreitung von Pflugbau, der später durch den Fruchtwechsel und Mistdüngung weiterentwickelt wurde.
Der erste Schritt auf dem Weg zur Domestikation von Wildtieren, die Selektion für die Gemeinschaft geeigneter Wolfswelpen, und in der Folge die „Kooperation“ mit dem Wolf als Hausgenossen und Gefährten bei der Jagd, war – strategisch gesehen – ein optimaler Baustein zur Absicherung einer sozialen Gruppe. Mit dem Verschwinden der Gazellenbestände und anderer Beutetiere in der Levante als Folge des Klimawandels, gewann die Domestizierung von Schaf, Ziege und Rind an Bedeutung, und förderte die Sesshaftigkeit größerer Populationen. Die mit der Sesshaftigkeit, Ackerbau und Viehzucht einsetzende „neolithische Revolution“ führte auch zu Veränderungen der Sozialstruktur: es entstanden segmentierte Gesellschaften, in denen Verwandtschaftseigentum anstelle von Individual-Eigentum trat, und friedlichere Formen der Konfliktlösung (Beilegung durch Bußen) gefunden wurden. Skelettfunde aus dem Neolithikum ergaben eine im Vergleich zum Paläolithikum abnehmende Körpergröße und eine geringere Lebenserwartung. Diese Befunde werden auf ein starkes Anwachsen der sesshaften Bevölkerung und – durch die Verbreitung von Erregern in größeren Populationen und auf dem Wege der Viehhaltung – mehr Infektionskrankheiten zurückgeführt.
Evolution religiöser Kulte
- wirkten als Katalysator für das „plötzliche“ Entfalten der Zivilisation, zum Einsetzen der „Neolithischen Revolution“. Wesentlicher Ausgangspunkt für das Aufkommen der Sesshaftigkeit im Neolithikum war nach Meinung von KLAUS SCHMIDT, dem Grabungsleiter in Göbökli-Tepe, vielmehr die Religion. Religiöse Kulte (Opferzeremonien) trugen zur Arbeitsteilung, zur Bildung einer Gesellschaft mit großartigen Bauwerken und mit einer herrschenden Klasse bei; sie führten zu Siedlungsgründungen, und förderten damit die Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht. Der menschliche Sinn für das Heilige und für das „Großartige“bereitete damit die Grundlage für die beginnende Blüte der Zivilisation.
Um 8.200 v.Chr., also etwa 1.400 Jahre nach dem Beginn der Kultstätte, endet die immer noch rätselhafte Geschichte von Göbekli-Tepe, der „Wiege der Zivilisation“ (Ch.C. MANN). Hier, wie auch in anderen Altkulturen Eurasiens, Mittel- und Südamerikas, scheint die Quelle zum künstlerischen Schaffen in sozial begründeten, religiösen Handlungen zu liegen. Magisch-spirituelle Bedeutung wird auch den wunderbaren Wandmalereien in der Grenzregion zwischen Frankreich und Spanien, die vor etwa ……. Jahren entanden, zugeschrieben. Mammuts, die größten als Jagdbeute ritualisierten Tiere, sowie Bisons, Wildpferde, Wollnashorn und anderes Großwild, wurden in naturnahen, farbigen Fresken auf die Höhlenwände gebannt.
Folgende Zeitachse scheint sich abzuzeichnen (Jahre vor unserer Zeit)
6.500-4.800: Megalith-Kultstätten in Carnac (Frankreich), Skara Brae (Schottland),
Malta und Irland (Mittel-/ Ende Neolithikum)
7.500-4.200: Neolithikum in Mitteleuropa (bäuerliche Kulturen, Jung-Neolithikum = Kupferzeit)
10.500-9.500: Keramisches Neolithikum im Vorderen Orient (Getreideanbau, Nutztiere)
11.500-8.500: Präkeramisches Neolithikum (Viehzucht vor ≈ 9.000 J.)
12.000: Entstehung der Landwirtschaft ab dem Ende der letzten Eiszeit (Ackerbau in
Mitteleuropa 6.000-7.000 , Levante 13.000-10.000)
13.500-11.500:Proto-Neolithikum (Natufien) (Jäger u. Sammler, Fischerkultur, ohne Landwirtschaft)
15.000-5.000: Wanderungen von Afrika in Richtung Europa, Australien und Amerika
40.000 Jahre: Denisova-Mensch (system. Zuordnu noch offen); spärliche Fossilien im Altai-Gebiet, südliches Sibirien; Besiedlung in der Region vielleicht schon seit 300.000 Jahen
>150.000: Beginn der Menscheitsgeschichte in Afrika
600.000: Faustkeile in Eurasien
800.000: Skelettte von Atapuerca; erstmals Frühmenschen der Art Homo antecessor
bzw. H. rudolfensis in Europa (möglicher Nachfahre von Homo erectus, möglicher Vorgänger des Neanderthalers und des modernen Menschens), ab 800.000 Jahren v.u.Z. Homo sapiens in früher Form.
1,76-150.000: Acheuléen-Kultur: Alt- Mittel-Paläolithikum (Homo erectus).
1,76 Mio.: erstmals Faustkeile in Afrika
2,0- 1,8 Mio.: vermutlich erste Frühmenschen (H.ergaster, H. erectus) erreichen Asien. Ihr Auftreten ist in vielen Regionen Eurasiens durch Steinwerkzeuge belegt; es gibt auch Knochenfunde in Georgien und Indonesien (1,8 Mio J.).
2,5 Mio.-12.000: Pleistozän mit 4 Kaltperioden, Zwischen-Warmzeiten(jeweils 10.000-15.000 Jahre).
2,6-1,5 Mio.: grobe Geröllteile als ältestes Werkzeuge der Menschheit (als Hersteller kommen als synchron auftretende Hominini in Frage: Homo habilis, H. rudolfensis, H. ergaster bzw. H. erectus.
2,3 Mio.: Erste Wanderbewegungen innerhalb Afrikas und von Afrika nach Asien (u.a. Steinwerkzeuge aus Pakistan).
8-6 Mio.: (nach anderer Datierung 15 Mio.): Trennung der Menschenartigen von Menschenaffen und Gibbons (C.OWEN LOVEJOYO 2009, T.HARRISON 201
Homo floresiensis (17.000 Jahre), Hirnvolumen ca. 380 cm³ – etwa wie Schimpanse (400 cm³) ; auch darüber, wie der sog. „Hobbit“, ein 2003 auf der Insel Flores in einer Höhle entdeckter „Zwergmensch“, in das System der Hominiden einzuordnen ist, streiten sich die Paläanthropologen. Die Mehrheit der Forscher votiert allerdings – auch nach den jüngsten Befunden – eindeutig dafür, den anfangs nur mit einem weiblichen Exemplar auf Flores aufgefundenen Menschentyp als eine eigene, klar unterscheidbare, bisher unbekannte Art Homo floresiensis anzuerkennen. Als eine mögliche Seitenform zu Homo sapiens ergänzt der „Hobbit“ das Netzwerk fossiler Hominiden. Die junge Flores-Frau hatte eine Körpergröße von nur etwa 1 m, bei einem Gewicht von nur etwa 16-29 kg und einem Kopf von der „Größe einer grapefruit“. Die sehr geringe Größe des Mini-Menschen H.floresiensis wird von den Paläobiologen dem Prinzip der „Inselverzwergung“ zugeschrieben. Diese These besagt, dass Tierarten, die über längere geologische Zeiträume abgetrennt von größeren Festlandpopulationen auf einer Insel leben, im Zuge der Evolution eine Verzwergung erfahren. So entwickelten sich auf Flores – und wohl auch auf einigen anderen kleineren Inseln – neben dem „Mini-Menschen H.floresiensis auch Mini-Rassen des Urzeit-Elefanten Stegodon. Dieser wurde, wie aufgrund fossiler Reste in Verbindung mit dem Homo-Fund vermutet wird, von den kleinen Menschen gejagt und diente ebenso als Nahrung wie Fledermäuse, Vögel und wohl auch gelegentlich ein Waran. Die Fossilfunde von inzwischen mindestens 14 Individuen des Flores-Menschen führten aufgrund der Skelett-Merkmale zu der Annahme, dass der „Hobbit“ hinsichtlich seiner systematischen Stellung von Homo erectus abzuleiten ist. Funde auf der Insek Java belegen, dass H. erectus – auch als Java-Mensch bezeichnet – in dieser Region aufgetreten ist. Irritierend daran, dass seine morphologischen Merkmale H. floresiensis als nahen Verwandten des H. erectus ausweisen, ist ihr zeitlich weit auseinanderliegendes Auftreten. Während H. floresiensis vor etwa 95.000 – 17.000 Jahre im Jungpleistozän gelebt haben dürfte, werden die Fossilien des H. erectus auf etwa 1 Million Jahre vor unserer Zeit datiert. Trotz des im Vergleich zu H. erectus sehr viel jüngeren entwicklungsgeschichtlichen Alters entsprach das Hirnvolumen von H. floresiensis mit nur etwa 380 cm³ dem von Austrapithecus-Arten – vergleichbar dem des Schimpansen (400 cm³). Eine Studie aus 2009 ergab, dass der Schädel größere Ähnlichkeit mit frühen fossilen Hominiden aufweist, als mit modernen Menschen. Beim „Hobbit“ findet
sich nach Meinung der Anthropologen ein einzigartiges Mosaik von menschenähnlichen und primitiven Merkmalen. Das Aussterben des „Hobbit“ könnte auf den verheerenden Vulkanausbruch vor etwa 13.000 Jahren zurückzuführen sein.
Homo antecessor (0,78- 0,5 Mio. Jahre), wohl Nachfolger von H.ergaster; N.-Spanien; Einstufung als eigene Spezies, u nd Verwandtschaft mit anderen Homo-Spezies ist umstritten; evtl. letzter gemeinsamer Vorfahre von H. sapiens und H. heidelbergensis; auch als H.(erectus) mauritanicus benannt; Population später wohl wieder ausgestorben.
Homo erectus (ca.1 Mio, Jahre); Hirnvolumen schon 900 cm³; der Nachwuchs zeigte hinsichtlich der geringeren Ausreifung zum Zeitpunkt der Niederkunft Verhältnisse wie beim Menschen; weit weniger ausgereift als junge Menschenaffen bei der Geburt. Dieser „Nesthockerstatus“ bewirkte stärker ausgeprägte elterliche Fürsorge und größeren sozialen Zusammenhalt in der Gruppe. Anatomische Merkmale im Mundraum lassen auf die Entstehung einer komplexen Lautsprache schließen, die es möglich machte, erworbenes Wissen (z.B. taktisches Jagdverhalten, Verhalten von Gegnern und Reaktion darauf, Lokalisierung von Ernteplätzen, Körper- und Kinderpflege) differenziert in der Gruppe weiterzugeben.
Homo ergaster (1,9-1,4 Mio. Jahre, Altpleistozän); Hirnvolumen (600) 750-900; Nachfahre von H. rudolfensis, Vorgänger von H. erectus; zu gleicher Zeit und in gleicher Region mit P.bosei, H. rudolfensis und H. habilis; Hinweise auf Werkzeugherstellung und –Gebrauch (nicht gesichert); durchgehender Überaugenwulst, großer Abstand zwischen Mund- und Nasenöffnung, eine Art „Schnauze“ ist ausgebildet; graziler Skelettbau (dünne Schädelknochen), kein ‚Kiel’auf dem Schädel, schmale Molaren; Arm- und Beinlänge wie moderner Mensch; geeignet für aufrechtes LaufeHomo habilis: (2,1-1,5 Mio. Jahre); Hirnvolumen 610-650 cm³, d.h. ca. 30% über Australopithecus und Paranthropus; Überaugenwulst leicht entwickelt; Extremitäten Pongiden-ähnlich; Femur und Fuß wie Australopithecus; Steinwerkzeuge vom Oldowan-Typ.
Ähnlich affenähnliche Proportionen wie bei Au. africanus wurden auch beim geologisch noch jüngeren Homo habilis gefunden, einem angeblich dem Menschen nahestehenden Hominiden, der von L. Leakey in den Stammbaum aufgenommen wurde (HARTWIG-SCHERER & MARTIN 1991). Demnach ist dessen Zuordnung zur Gattung Homo in Zweifel zu ziehen.
Paranthropus boisei (2,3-1,4 Mio. Jahre), 475-545 cm³ (ca. 100 cm³ > Schimpanse) O-Afrika; 40-80 kg KG, 1,2 – 1,4 m groß, größte Backenzähne/Beißkraft aller Homoniden; auf dem Hirnschädel ausgeprägter „Knochenkamm“ (-„Kiel“); wird wie P.robustus und P. Aethiopicus zu „robusten“ Australopithecinen gerechnet (Varianten gleicher Species?); ausgestorben ohne Folgearten; wie P. Robustus wohl Seitenast zu Gattung Homo;
Homo rudolfensis, syn. Australopithecus rudolfensis, (2,5-1,8 Mio. Jahre); ursprünglicher Homo-Art, ältester Vertreter der Gattung Homo, mit extrem flachem Gesichtsschädel; Extremitäten Homo-ähnlich (?);
Paranthropus robustus (etwas jünger) / Paranthropus boisei und ein Seitenast der zu Homo führenden Linie (?)
Paranthropus äthiopicus (2,5 Mio. Jahre), 410 cm³ (etwa wie Schimpanse); O-Afrika, Abgrenzung zu anderen P-Spezies und zu Australopithecinen umstritten (evtl. Seitenlinie zu Homo); flacher Gesichtsschädel, keine ausgeprägte „Schnauze“; Scheitelkamm (ähnlich Gorilla-Mann); etwa gleichalt wie Au. Garhi und H. rudolfensis; Vorläufer von P. Boisei und P. Robustus; Einordnung in Hominiden-Stammbaum umstritten bzw. ungeklärt.
Australopithecus garhi (2,5 Mio. Jahre), 450 cm³ , 1999 in NO-Afrika entdeckt, mit Steinwerkzeugen, die zuvor nur der Gattung Homo zugeschrieben wurden. Nicht gut dokumentierte Spezies; einzigartige Kombination von primitiven und fortschrittlichen Merkmalen; längere Arme als Beine; Schnauzenbildung, ähnlich Paranthropus; einer der ältesten fossilen Hominiden mit Hinweis auf Herstellung und von Steinwerkzeugen (älteste Stein-Artefakte!) zum Zerteilen von Fleisch; naher Vorfahre von Gattung Homo; etwas älter als H. habilis (direkter Vorfahre von Homo?);
Australopithecus africanus, (3-2 Mio. Jahre), mit kürzere Schnauze und kleuinweren Eckzähnen als seine Vorgänger. Au. africanus, so lassen neuere Untersuchen vermuten, war
nicht mit menschähnlichem Schreitgang unterwegs; er zeigte mehr Anpassungen an das Klettern, als sein älterer Verwandter, Au. afarensis.
Australopithecus bahrelgazali (3,5-3,2 Mio. Jahre), mit deutlich steilerem Gesichtsprofil als bei anderen Hominiden gleichen Alters
Australopithecus afarensis (3,7-2,9 Mio. Jahre), zu dem „Lucy“ gehört; Fußabdrücke auf Ascheboden weisen ihn als „zweibeinigen“ Läufer aus; kleinwüchsig (ca. 1,0-1,2 m groß). Gehirnvolumen 400-500 cm³; großer Zeh menschenähnlich gestellt.
Kenyanthropus platyops* (3,5-3,2 Mio. Jahre); eine flachgesichtige Hominidenform vom Turkana-See, mit ähnlich fortschrittlichen Merkmalen wie H. rudolfensis
Australopithecus anamensis (≈ 4,2-3,8 Mio. Jahre); aus Turkana, N.-Kenia (M.Leakey, 1994); Schädel noch recht affenähnlich (Eck.-und Backenzähne groß), Extremitäten dagegen Homo-ähnlicher; aufrechter Gang.
Ardipithecus ramidus (7-5 Mio. Jahre); beginnende Trennung der frühen Pithecinen vom Menschenaffen-Typus; zweibeinig laufender Vormensch (4,5 Mio. Jahre, T.WHITE 1994); Entwicklungszweig mit Au.ramidus abgeschlossen; ein lange gesuchtes Bindeglied zwischen Affen- und Menschenartigen Hominiden. Hinweise, dass aufrechter Gang sich nicht – wie bisher postuliert – in der offenen Savanne, sondern schon im Wald entwickelte.
Orrorin tugensis* (6,2-6,0 Mio. Jahre); im Jahr 2000 entdeckt („Millenium-Mensch“); mit aufrechtem Gang und fortschrittlich geformtem Kiefer.
Sahelanthropus tchadensis* (6-7 Mio. Jahre); bisher ältester Vorfahre, der sich von dem Zwei der Menschenaffen abgespalten hat
* Typen noch nicht sicher im Stammbaum der Hominiden eingeordnet
Die hier zu Tage tretenden Widersprüche zwischen Datierung und Hominiden-Nähe machen die Schwierigkeiten bei der Erstellung bzw. Überarbeitung des Stammbaums von Homo sapiens deutlich. Sie sind darauf zurückzuführen dass die Fossilienfunde – in ihrer Fundhäufigkeit und ihrem Erhaltunggszustand – in in keiner relevanten Beziehung zu den tatsächlich gegebenen, frühzeitlichen Vorkommen der Primaten stehen, und somit auch keine schlüssigen Aussagen zur Verfeinerung des hominiden Stammbaums erlauben.
Verstand bei Tieren
Von Schimpansen wissen wir aus zahlreichen Testreihen, dass sie bestimmte Aufgaben, die eine gewisse Logik erfordern, lösen können. Versuche mit unterschiedlichen Farb- und Form-Elementen belegen eine beachtliche Merkfähigkeit bei trainierten Schimpansen. Auch Delphine und Rabenvögel sind fähig, ihr Spiegelbild zu erkennen, Zahlen und Symbole zu unterscheiden und richtig zuzuordnen. Während das auf Beute gerichtete Wissen aus dreidimensionaler Vorstellung bei höheren Tieren häufig eingesetzt wird, kommt die vierdimensionale Ausrichtung nur bei besonders „begabten“ Tieren zur Geltung; etwa, wenn ein erfahrener Elefant weiß, dass es in einer bestimmten, wenige Tagesmärsche entfernten Senke noch Wasser gibt, wenn eine regenarme Periode seinen angestammten Lebensraum in eine staubtrockene Öde verwandelt hat. Oder wenn ein Affe aus Erfahrung weiß, wann Mangos an welchem Baum reifen. Auch Tiere verfügen über ein Gedächtnis: so ist z.B. von Elefanten bekannt, dass sie über ein Langzeitgedächtnis verfügen, und insbesondere im Zusammenhang mit Misshandlungen durch menschliche Betreuer „nachtragend“ sind. Der Tierverstand richtet sich jedoch nicht zielgerichtet oder zukunftssorientiert auf abstrakte Gegenstände oder Konstellationen, wozu der Verstand des Menschen in der Lage ist. Die Verstandesleistung des Menschen, durch wechselnde Betrachtungspositionen in einer virtuellen Vorstellungswelt zu agieren, geht somit weit über die eines Menschenaffen und anderer Säugetiere hinaus.
Es gibt die Initiative einiger Primatologen und Verhaltensforscher, Orang-Utan, Gorilla, Schimpanse und Bonobo unter die Menschenrechts-Konvention zu stellen, und die beiden letzteren Arten (Gattung Pan) der Gattung Mensch (Homo) zuzuordnen, Ungeachtet der Ähnlichkeiten, die sich beim Verhaltensvergleich von Schimpanse/Bonobo und Mensch ergeben, scheint diese weitgehende Gleichstellung im Hinblick auf menschliche Gesamtbild – Anatomie, zerebrale Ausstattung, Abstraktionsvermögen, Emitionalöität und Spiritualität – nicht gerechtfertigt. (Christopge Boesch: „Schimpansen komponieren keine Opern? Na und? Ich auch nicht!“, J.Goodall, Colin Goldner, Manfred Niekisch: „die großen Menschanffen sind wie wir“ – Komm.: aber nur in wenigen Aspekten!!!). Wenn Filmaufnahmen einen Schimpansen zeigen, der still an einem Flussufer verweilt, den Blick auf die untergehende Sonne gerichtet, so wissen wir nicht, was der Schimpanse in diesen Momenten empfindet. Szenen wie diese verleiten dazu, aus menschlicher Sicht hier ein „meditierendes“ oder gar „spirituelles“ Verhalten zu erkennen. Nachgewiesen sind allerdings eine Art von Selbstbewusstsein, das Ausdrücken von Gefühlen sowie die Fähigkeit, in bestimmten Situationen sinnvoll zu agieren, und auf kurze Sicht zu planen.
Einige Fragen stellen sich im Zusammenhang mit Religiosität:
O Was ist Religiosität, und was ist Religion?
O Ist Religion eine evolutionäre Anpassung?
O Was sind die Kriterien für eine evolutionsbiologische Erklärung der Religiosität als Anpassung?
O Worin, wenn überhaupt, bestehen die Selektionsvorteile der Religiosität?
Verschiedene Merkmale scheinen zur Beschreibung von Religion wichtig zu sein:
O Transzendenz: der Glaube an eine übernatürliche Macht
O Ultimative Bezogenheit: ein Gefühl derVerpflichtung, Verbundenheit und Abhängigkeit; der Glaube an eine Sinngebung und Bestimmmung.
O Mystik: Erfahren des Heiligen bis zum Erlebnis von Einheitsgefühlen mit dieser Macht.
O Mythos: Welterklärung und -Legitimation; Annahme eines Heils- und Erlösungsversprechens.
O Moral. transzendent begründete Weltordnung aus Geboten und Verboten, die das
Verhalten der Individuen in der Gesellschaft leiten sollen. Viele evolutioäre Psychologen
vertreten die Auffassung, dass wir von Natur aus „moralische Wesen“ sind.; andere die
These, der Sinn für Moral sei zu verstehen als eine die menschliche Natur überformende,
kulturell induzierte Sensibilität
O Gemeinschaft: soziale Verbundenheit im geteilten und überlieferten Glauben, in seinem
Erleben, seiner Verbreitung, Interpretation – einschließlich Organisation und
Institutionalisierung
O Ritus: symbolisch aufgeladene Handlungen oder Gegenstände zur Abweisung des Bösen,
zu Heilungsversuchen, zur Reinigung u.a.
Hirnvolumina (cm³) von Hominiden
Ardipithecus ramidus: 280-350
Sahelanthropus tchadensis: 365
Australopithecus spp.: ca. 500 Pan paniscus (Schimpanse) 400cm³,
Homo rudolfensis: 800
Homo habilis: 610 (544-674),
Homo ergaster: 764 (640-888)
Homo antecessor : ca. 1.000
Homo erectus: 1.250
Homo floresiensis: 380 (“Zwergmensch“ der Insel Flores)
Homo heidelbergensis: 1204 (1.130-1.278)
Homo neanderthalensis: 1.426 (1.351-1501)
Homo sapiens: 1.478 (1.444-1.512)
Emotionalität
R. DAVIDSON definiert 6 Dimensionen der Emotionalität
O Aufmerksamkeit (wie präzise und ausdauernd ist eine Fokussierung auf das, was wichtig ist?)
O Resilienz (wie schnell oder langsam erhole ich mich von belastenden Erlebnissen?)
O Grundeinstellung (wie lange kann ich mir positive Emotionen erhalten?)
O Selbstwahrnehmung (wie präzise erfasse ich körperliche Empfindungen, in denen sich meine emotionae Befindlichkeit äußert?)
O Soziale Intuition (wie empfänglich bin ich für die von meinen Mitmenschen ausgesandten sozialen Signale?)
O Kontextsensibilität (wie gut gelingt es mir, meine emotionalen Reaktionen an den jeweiligen sozialen Zusammenhang anzupassen?).
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Verschiedene Autoren weisen darauf hin, dass unsere heutige Umgebung (Sozialgefüge) für eine Psyche, die sich in der Steppenlandschaft unserer frühen Vorfahren entwickelt hat, zu einer besonderen Belastung wird.
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Das menschliche Gehirn ist mit unzähligen verschiedenen „Modulen“ ausgestattet, die in vielfältiger Vernetzung agieren. Nach der Modularitätshypothese von J.A.FODOR (1983) erfolgt die Wahrnehmungs- und Bewegungskontrolle in partiell-modularer Verarbeitung ohne weitgehenden zentralen Einfluss (s. Abb.)
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Im Oktober 2007 starb im Alter von 42 Jahren die berühmte Schimpansendame Washoe, die als erstes tierisches Wesen galt, das mit einer menschlichen Sprache kommunizieren konnte. Sie beherrschte etwa 250 ASL-Zeichen der US-amerikanischen Taubstummensprache, und verstand diese auch anzuwenden. Aber von einer solchen Ausnahmeleistung eines Individuums auf das Sprachvermögen der rezenten Primaten als Tiergruppe zu schließen, erscheint abwegig. Die Sprache als Instrument vielschichtiger Kommunikation, als Träger der Überlieferung von Traditionen und Erkenntnissen, bleibt bisher eine allein dem Menschen vorbehaltenes Fähigkeit. Die Sesshaftigkeit wachsender Gruppen, der zunehmende Bedarf an Gemeinschaftsarbeiten zur Bewältigung der Kultur von Nahrungspflanzen und der Tierhaltung, sowie der dabei erforderliche Informationsaustausch, förderten die sprachliche Entwicklung.
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V.S. RAMACHANDRAN (1999) war einer der ersten, der den Glauben neurologisch zu fassen versuchte. Empfindungen von Patienten mit Schläfenlappen-Epilepsie deutete er als Hinweis auf einen Schaltkreis für religiöse Erfahrungen, ein „Gottesmodul“. Der amerikanische Molekularbiologe D. HAMER (2005) fand bei DNA-Untersuchungen Unterschiede in den Aminosäuren, die nach seiner These eine Neigung zu religiösen Gefühlen und „Selbsttranszendenz“ – sich als Teil von etwas Höherem zu begreifen – bewirken. Er schloss aus den Ergebnissen, dass in dem betreffenden Erbgutabschnitt (VMAT2), der den Transport bestimmter Botenstoffe (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin) reguliert, der Hang zum Glauben an ein mächtiges Wesen in unserem Erbgut angelegt ist, und sprach von einem „Gottesgen“. Auch der kanadische Neurologe M.PERSINGER vertrat – nach umstrittenen Versuchen (ohne Kontrollgruppe) unter Verwendung elektromagnetischer Signale – die These, dass in den Schläfenlappen, der bei den religiösen Visionen der Epileptiker eine entscheidende Rolle spielte, der Gottesglaube lokalisiert sei. Der schwedische Psychologe P. GRANQUIST (2005) wiederholte diese Versuche unter Einschluss einer Kontrollgruppe. Da auch einige der Testpersonen aus der Kontrollgruppe „mystische Momente“ erlebten, handelte sich wohl um „Autosuggestion“. Die Testpersonen erwarteten religiöse Erfahrungen, also lieferte das Gehirn ihnen welche. In einem Versuch von A. NEWBERG (2003), der die Gehirne tibetanischer Buddhisten scannte, zeigte sich, dass die Durchblutung des Scheitellappens während des Meditierens zurückging. Er schloss daraus, dass der Ausfall des Scheitellappens ein Gefühl der Transzendenz verursache. Die Methodik auch dieser Versuche blieb umstritten. 2010 folgten unterzog der dänische Neurologe U. SCHJODT jeweils 18 fromme Christen und 18 nichtreligiöse Menschen einer MRT-Untersuchung, um die Stoffwechselvorgänge im Gehirn zu verfolgen. Er ließ die Testpersonen Fürbitten an Gott lauschen, die entweder von einem gläubigen Christen mit der Gabe der Heilung oder einem Nichtchtisten gesprochen wurden – zumindest glauben das die Testpersonen. In Wirklichkeit waren waren jedoch alle 3 Vorbeter Christen ohne besondere Fähigkeiten. Die Aufnahmen vom Gehirn zeigten deutliche Unterschiede: Betete der „Wunderheiler“, schien der praefrontale Cortex wie „abgeschaltet“ ; sprach der Ungläubige, so war dieser Teil des Stirnlappens – zuständig für kritisches Denken – aktiv. Schon zuvor hatte Schjodt entdeckt, dass Gebete diejenigen Hirnregionen anregen, die soziale zwischenmenschliche Handlungen steuern. Der Neurobiologe G.WOLF (Univ. Magdeburg) warnt allerdings davor, in solche Ergebnisse mehr hineinzuinterpretieren, als sie tatsächlich aussagen. Mit modernen bildgebenden Verfahren lasse sich viel anstellen
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Seit mehr als 5 Mio. Jahren waren in Afrika Vormenschen der Gattungen Archipithecus und Australopithecus verbreitet. Sie werden zu den Vorfahren aller jüngeren Hominiden gerechnet. Die zeitliche Abfolge der bisherigen, immer noch sehr lückenhaften Funde von Homininen, lässt allerdings – nach dem derzeitigen Forschungsstand – keine Rückschlüsse auf ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu.
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Spurensuche
Die Spurensuche zu den ältesten Hominiden führt nach Afrika. Hier begann die über > 6 Millionen Jahre sich erstreckende Entwicklung von den letzten gemeinsamen Vorfahren der Menschenaffen und des Menschen bis zum moderen Homo sapiens. Die Evolution führte im Verlauf von ca. 5 Mio. Jahren in kleinen Schritten und fließenden Übergängen zum aufrechten Gang und zur Ausformung des Neuhirns. Die neuronale Ausformung bei der Gattung Homo bewirkte – innerhalb der Homininen- eine wichtige Weichenstellung in Richtung Hominisation, der Menschwerdung, mit der Ausnahmestellung des Homo sapiens. Vor etwa 2,6 Mio. Jahren treten die ersten Urmenschen der Gattung Homo auf den Plan. In dieser Zeitperiode setzt eine globale Abkühlung ein, die in Afrika mit trockenem Klima und der Ausbreitung von Savannen einhergeht. Diese Bedingungen erforderten eine rasche Adaption an die Veränderungen der Umwelt: Anpassungen des Knochenbaues – begleitet vom Ausbau der Hirnstrukturen -, und damit auch eine veränderte Lebensweise und Ernährung. Das Leben im Gruppenverband unter den Umweltbedingungen der Savanne beeinflusste wiederum die sozialen Verhaltensweisen der frühen Hominiden. Der moderne Mensch ist nach A.WILSON vor ca. 100.000-140.000 Jahren entstanden
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Der erste Schritt bestand im Bergen, Transportieren und zeitweiligem Bewahren von Glutresten nach Blitzeinschlägen oder sonstiger natürlicher Entzündung eines Steppenfeuers. Es musste unter beträchtlichem Aufwand bewahrt und transportiert werden; und es verlangte Planung, jederzeit genügend trockenes Brennholz vorzuhalten. Doch erst mit der bahnbrechenden Erfindung der Erzeugung von Feuer erschloss sich den Frühmenschen im Verlauf der Steinzeit dessen vielseitige Nutzung, ohne die Mobilität der Gruppe einzubüßen. Zweifellos zählt die Beherrschbarkeit des Feuers zu den wichtigsten Errungenschaften der Frühmenschen, und ist Teil des evolutiven Erfolges von Homo sapiens. Welche der beiden schon früh entdeckten Techniken zum Generieren von Feuer verwendet wurde – die Schlagmethode oder die Reibungsmethode – , ist kaum nachzuweisen. Durch das Schlagen von Funken zwischen Pyrit und Chalcedon-Feuerstein (Silex, Flint), oder durch das Erzeugen von Glut durch das Gegeneinanderpressen und Reiben zweier Holzobjekte mit einer Art „Drillbohrer“, gelang mit Hilfe des als Zunder dienenden Feuerschwamms (Ungulina fomentaria) das Entfachen eines Feuers.
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Homo sapiens s. – Beginn seiner Erfolgsgeschichte
Der moderne Mensch (H.sapiens s.) trat – in Gestalt des Cro-Magnon-Menschen – in Afrika vor etwa 170.000 Jahren auf den Plan. Analysen mitochondrialer und y-chromosomaler DNA-Sequenzen führen zu dem Schluss, das alle heutige Menschen innerhalb der letzten 130.000 Jahre aud den afrikanischen Vorläufer-Populationen entstanden sind und andere archaische Formen verdrängt haben. Die weitere Ausbreitung von Homo sapiens aus Afrika, über Kleinasien in den Nahen Osten und nach Europa, vollzog sich vor etwa 50.000-60.000 Jahren, und folgte soweit möglich dem Verlauf von Küsten. Der erste Nachweis des Homo sapiens der letzten Kaltzeit in Europa, der als Cro-Magnon-Mensch bekannt wurde, wird auf etwa 40.000 Jahre vor unserer Zeit datiert. Das Vorkommen in Europa setzte sich bis zum Übergang vom Pleistozän zum Holozän vor ca. 12.000 Jahren fort.
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„Primärfarben unserer Moral“
So bezeichnet der US-amerikanische Moral-Psychologe Jonathan Haidt („The Happiness Hypothesis“) 5 evolutionär begründete Fundamente, auf denen die Werturteile des Menschen fußen, und „aus denen sich die verschiedensten Charaktere mischen lassen:
O Fürsorge (ausgelöst z.B. durch “Berührtsein beim Anblick eines leidenden Kindes“ )
O Fairness/ Loyalität /Autorität (wichtige Eigenschaften in einer Gesellschaft)
O Reinheit (Ekelempfinden als Schutzmechanismus vot Infektionen)
Homo versus Pan
zerebrale Ausstattung , Verstand, Lernfähigkeit
die Macht des Unbewussten
H.s.s. – Forschungsansätze zu evolutiven Phasen der Menschwerdung
Spurensuche
Biokulturelle Evolution
H.s.s. – Beginn seiner Erfolgsgeshiche
Nutzung und Herstellung von Werkzweugen
Werkzeugnutzung durch Tiere
Empathie
Emotionalität
Lachen
Träume
Charakter: 6 Dimensionen
Sprachkultur
Bestattungskulte
Magisches Denken und Spiritualität
Religiosität
Evolution religiöser Kulte
Beherrschung/Erzeugung von Feuer
Zusammenfassung
Quellenangaben