Steinerne Keulenköpfe sind als Vorgänger der Scheibenkeulen erstmals vereinzelt aus dem Frühneolithikum bekannt. Scheibenkeulen im Meso- und im gesamten Neolithikum (in Mitteleuropa 5.500 – 2.200 v. Chr.) weit in Nordeuropa verbreitet, aber dennoch selten. Offenbar galten sie als Statussymbol, das bei besonderen Ereignissen und Ritualen Verwendung fand. Aus Siedlungen der Bandkeramik (5.500-4.900 v. Chr.), der ersten neolithischen Kultur Mitteleuropas, und aus Flussablagerungen (Rheinkiese) sind wiederholt scheibenförmige Steinartefakte zu Tage getreten, deren Verwendungszweck nicht hinreichend belegt ist. Entsprechend der Form und dem Grad der Bearbeitung unterscheidet man zwischen Geröllkeulen und Scheibenkeulen (1), die jeweils eine zentrale Bohrung von 15-20 mm Durchmesser aufweisen. Während jedoch die Geröllkeulen nur eine relativ grobe Bearbeitung erfahren haben, sind die flacher geformten Scheibenkeulen zum Teil sorgfältig überschliffen. Beide Keulenformen sind vergleichsweise seltene, in der Regel als Fragmente erhaltene Fundstücke, so dass es an ausführlichen Beschreibungen mangelt. Im Rahmen einer Dissertation über die Steinartefakte aus den linearbandkeramischen Siedlungen von Rössing (Gemeinde Nordstemmen, Landkr. Hildesheim) und Hohnstedt (Gemeinde Stadt Northeim, Landkr. Northeim) in Niedersachsen wurden mehrere fragmentierte Keulen aufgenommen (1). Weitere Exemplare stammen aus dem Vilstal und aus Sönderby in Schleswig-Holstein (2). Aus der Münchshofener Kultur (4.500- 4.000 v. Chr.) im Landkr. Straubing-Bogen/Bayern stammt eine als Grabbeigabe dargebrachte doppelkonische Steinkeule. Das Silex-Inventar der nach dem Ort Rössen bei Leuna (Saale Kr./ Sachsen-Anhalt) benannten Rössener Kultur aus dem mittleren Neolithikum (4.900/4.500 – 4.300/4.200 v. Chr.) ähnelt weitgehend den Keulenfragmenten, die im Landkr. Hildesheim (U.Weller) und im Kr. Herford (C. Dietrich) zu Tage traten. Von Levern, Kr.Minden (Museum Lübbeke) stammt der Fund einer Scheibenkeule aus quarzitischem gelblichen Sandstein. Sie ist unrund, relativ grob bearbeitet und weist eine sanduhrförmige Durchbohrung auf. Insgesamt verteilen sich die Funde aus der Rössener Kultur auf 11 deutsche Bundesländer (ausgenommen der Norden der Norddeutschen Tiefebene). Im Bestand des archäologischen Museum zu Kopenhagen befinden sich einige Scheibenkeulen ohne zugespitze Randseite. Interessant ist auch der Fund von zwei kreisrund durchlochten Scheiben von 10 und 12 cm Durchmesser in einem Denghoog (Thing-Hügel) bei Wenningstedt auf Sylt (Funde im Schloss Gottorf), einem der schönsten Ganggräber aus dem Neolithikum (4.100- 1.700 v. Chr.).
Unter Berücksichtigung der Vielzahl von Fundorten und steinzeitlichen Artefakten aus der gesamten Periode des Neolithikum, bis in die frühe Kupferzeit hinein, ist festzuhalten: Im Vergleich zum Gesamtumfang der an den verschiedenen Fundorten gewonnenen Steinartefakte sind Scheibenkeulen jeweils nur in äußerst geringer Anzahl vertreten. Ihr seltenes Vorkommen ist möglicherweise auf die schwierige und aufwendige Bearbeitung des bevorzugten Hartgesteins zurückzuführen.
Im Sommer 2004 gelang aus dem Abraum eines Sand- und Kieswerkes in der Oberrheinebene zwischen Frankenthal und Worms der Fund einer – gleichfalls als Fragment erhaltenen – sorgfältig bearbeiteten, glatt geschliffenen Scheibenkeule (Abb.1-3). Die wie poliert wirkende Keule ist aus einem porphyrischen Material größerer Härte gefertigt, dessen Herkunft noch nicht geklärt werden konnte. Vermutlich handelt es sich um Amphibolit, ein metamorpher Gesteinstyp, der durch die Umwandlung von Basalt und anderen Meta-Basiten unter hohem Druck (≈ 200 – 1.200 Mpa) und hoher Temperatur (≈ 550 – 700 ° C) entsteht. Deutsche Vorkommen liegen im sächsischen Erzgebirge, im Fichtelgebirge und im Schwarzwald.
Ungeklärt muss bleiben, ob es sich um eine gezielte Flussdeponierung handelte. Die Verwendung eines seltenen Materials, die ungewöhnlich aufwendige Bearbeitung des Stückes und das Fehlen von Gebrauchsspuren legen jedoch den Schluss nahe, dass es sich um eine rituelle Opfergabe gehandelt haben dürfte. Die Klärung der Frage, aus welcher Region der Stein stammt, und ob er auf einem überregionalen Handelsweg eingeführt wurde, könnte bei der Bewertung weiterführen.
Das nicht voll konzentrisch geformte Fragment der Scheibenkeule vom Roxheimer Altrhein ist m.W. der erste mittelrheinische Fund einer Scheibenkeule. Sie weist folgende Merkmale auf:
Material: Amphibolit (?)
größter Durchmesser:
geringster Durchmesser:
größte Dicke:
Durchmesser der Bohrung:
Literatur/www-.Quellen
- Weller, U., (1999): Keulenfragmente aus den linearbandkeramischen Siedlungen von Rössing, Ldkr. Hildesheim und Hohnstedt, Ldkr. Northeim. Die Kunde N.F. 50, 223-230 (Niedersächsisches Landesmuseum, Urgeschichtsabteilung
- Weller, U., Steingeräte der Linearbandkeramik im Leinetal zwischen Hannover und Northeim, Beiträge zur Archäologie in Niedersachsen (letzte Aktualisierung 19.03.2004, ISSN 1439-7552).
- Eine Scheibenkeule aus Sönderby, aus: Riesebyer Jahrbuch, 1982, 7.Jg., Rieseby, 19-28 und 1984, 9.Jg., S. 57-58 („Ein Statussymbol der Jüngeren Steinzeit?“)
- Schultz, R.W. & Thissen, J., 1996, Aktuelle Untersuchungen zum endpleistozänen/ frühholozänen Fundplatz Bonn-Oberkassel, Archäologische Informationen 19 (1/2), Mainz
- Grisse, A., 1995, Eine Scheibenkeule aus dem Marcherwald, Bull. Société Préhistorique Luxembourgoise 17, 217-220.
- Neolithische Steingeräte im Kreis Herford zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald (Dr.Cajus Diedrich, Nansenstraße 8, D-337790, Artikel vom 01.10.2002, Halle/Westfalen.
- Archäologie der Alten Welt, VML – Verlag Marie Leidorf GmbH, Stellerloh 65, D-32369 Rahden/Westfalen.