Die Feldpostbriefe des einfachen Gefreiten Oskar aus der Pfalz bringen zum Ausdruck, in welchem Licht einem einfachen Landser – oder „Lanzer“, wie Oskar es schreibt – die „Heimatfront“ während des Zweiten Weltkriegs erscheint: Es ist von Neid und Verbitterung geprägt. Die Briefe führen bedrückend vor Augen, wie das Kriegserleben einen heiteren jungen Menschen in einen mitleidlosen Kämpfer verwandelt. Sie zeigen einen jungen Mann, der sich als Idealist „bis zum bitteren Ende“ für die Verteidigung der Heimat einsetzt und – auch in Zeiten der Verzweiflung – volles Vertrauen in die Weisheit des Führer setzt. Mögen die Briefe von Oskar helfen, die Umstände besser zu verstehen, aus denen Grausamkeiten und Massaker im Krieg erwachsen können; Grausamkeiten und Massaker, wie sie nicht nur zu Kriegszeiten von Menschen an Menschen begangen wurden, sondern wie sie in Bürgerkriegen – vor allem auf dem afrikanischen Kontinent – auch heute noch immer wieder begangen werden. Das Beispiel des naiven, verliebten Gefreiten Oskar macht aber auch erschreckend deutlich, wie zwangsläufig Hunderttausende junger Menschen in diesen sinnlosen Kriegsjahren ihrer Chance auf ein erfülltes, in Frieden gelebtes Leben beraubt wurden.
Beschämend ist die Tatsache, dass die in Hoffnung, Zuversicht, Verzweiflung und Resignation über mehrere Jahre im Feld zu Papier gebrachten Äußerungen des Gefreiten Oskar von der Familie nicht geachtet, sondern – gleichsam wie ausgedienter und entsorgter Hausrat – dem Trödelmarkt ausgeliefert wurden. Mit meinen Auszügen und Kommentaren wage ich den Versuch, die Wesensart, die Hoffnungen und Enttäuschungen des Oskar J. in seinen Tagen an der Front dem Leser nahe zu bringen, Verständnis zu wecken für die sich bei ihm unter Extrembedingungen offenbarenden Schwächen. Andererseits verbinde ich mit der Offenlegung der verlorenen Wünsche und Sehnsüchte eines jungen Mannes, der sein Leben letztlich sinnlos der Kampfmoral opfert,die Hoffnung, dass die Briefauszüge – falls junge Menschen sie lesen – dazu beitragen mögen, stets dem Krieg als Mittel der Politik – unter welchen Vorzeichen auch immer – entgegenzutreten und sich nach Kräften für den Frieden einzusetzen.
V.H., im April 2012