27.05.42 (kleiner Zettel mit Bleistift)
Hebe mir bitte das Kästchen auf. Der Rest Kreme ist für Dich.
Einen lieben Kuss noch, Dein Oskar
Hier enden die Mitteilungen von Oskar an Amanda; und die Frage, wie es ihm in den folgenden Wochen und Monaten – zwischen Ende Mai 1942 und Mai 1943 - an der Front ergangen ist, wo und wie er am Ende den Tod gefunden hatt, muss unbeantwortet bleiben. Noch in seinem Brief vom 16.05.42 schreibt er „ich habe wieder einmal Glück gehabt“. Sein Bericht von seiner Beteiligung als Zugführer an Stoßtrupps, und davon, „dass es so manchen wieder erwischt hat“ lässt ahnen, dass er täglich mit dem Tod rechnen musste. Alles deutet darauf hin, dass ihn das Glück, das ihm zuvor in vielen Momenten im Kampf an der Front noch treu geblieben war, schließlich doch verlassen hat.
Es scheint sicher, dass er an der Front gefallen ist, und ihn das Schicksal vieler seiner Kriegskameraden schließlich auch selbst ereilte. Das gute Wetter an ihrem Hochzeitstag ohne Ehemann hat auch Amanda kein Glück gebracht. Sie verlor ihren frisch getrauten Ehemann, mit dem sie nicht einmal die Hochzeitsnacht verbringen konnte, und ist wenig später – wie dem Brief von Martin zu entnehmen ist – erkrankt
Ein letzter, in vertraulichem Ton gehaltener Brief, datiert vom 3.Mai 1943, ist nicht von Oskar, sondern von einem zuvor nicht genannten Freund namens Martin an Amanda gerichtet. Diesem Brief ist zu entnehmen, dass alle von Oskar gehegten Hoffnungen auf eine gemeinsame, glückliche Zeit mit Amanda „nach dem Kriege“ unerfüllt blieben. Bei aller Trauer um ihren Oskar hat Amanda wohl angesichts der schweren Zeiten doch Trost bei einem neuen Mann gesucht, eben diesen ‚Martin’ aus Mannheim. Für ihn, den sie offenbar seit längerem kennt, ist Amanda - so sieht es für den Leser seines Briefes jedenfalls aus – nicht die künftige ‚Frau für’s Leben’, wie es bei Oskar der Fall war, sondern eher die Freundin für einige schöne Nächte. In der Zeit, als sie unter einer schweren Krankheit litt, hat er sich jedenfalls von ihr ferngehalten, ‚hatte wirklich keine Zeit’.