Von der Westfront an die Ostfront und zurück
Der erste von insgesamt 62 nachgelassenen Briefen aus der Zeit zwischen Herbst 1939 und Frühjahr 1942 trägt das Datum vom 20. September 1939. Oskar schildert darin das zunächst noch recht angenehme Frontleben an der Westgrenze. Anfänglich ist das Leben an der Westfront „ganz prima“: Wurst, Bratkartoffeln und Eier machen den Dienst angenehm. Mehr als 4 Wochen, mindestens aber von Ende September bis zum 20. Oktober 1939, verbringt Oskar in einer Stellung im Bunker Rheinschanze an der deutsch-belgischen Grenze. Hier ist Oskar an einigen Spähtruppunternehmen beteiligt, vor allem bei Forbach und Apach an der luxemburgischen Grenze. Nur gelegentlich gibt es Artilleriefeuer und einzelne Luftkämpfe. Es kommt zum „Sitzkrieg“ bzw. dem „Komischen Krieg“ (Drôle de guerre) an der Grenze zu Frankreich. Der im November einsetzende Regen führt letztlich dazu, dass die von Hitler zunächst für den 12. November gegen Frankreich befohlene Offensive am Nordflügel – der „Fall Gelb“ – mehrfach verschoben wird. An der französischen Maginotlinie stecken 21 Divisionen weitgehend untätig in ihren Bunkern.
Im November 1939 wird Oskar kurzfristig an die Ostfront verlegt. Er meldet er sich aus der Ukraine am Dnjepr. In seinen Briefen zeichnet sich die schwere, kaum erträgliche Belastung der Truppe an der Front ab. Zu diesem Zeitpunkt sinkt seine Stimmung zeitweise auf einen Tiefpunkt, wenn er z.B. an Amanda schreibt: „Es ist gut, dass man nichts genaues weiß, sonst würde sich schon mancher heute aufhängen“. Er berichtet er von „Schnee, immer wieder Schnee“. Für ihn und seine Kameraden heißt es „nur marschieren und kämpfen, und wenn es sein muss, auch sterben. Dann erst hat man endlich seine Ruhe“. Zum ersten Mal wird ihm bewusst, dass der Tod jederzeit zuschlagen kann, und ihm kommen Zweifel, ob er überleben wird. Im Januar 1940 leidet seine Truppe verschärft unter der Eiseskälte: „Einige Kameraden haben schon verfrorene Ohren und Füße“. So berichtet er auch, dass ein Wachtposten erfroren sei. Doch auch Positives gibt es in der zweiten Januarhälfte aus der Ukraine zu berichten. Oskar hat ein gutes Quartier gefunden, ein eigenes Zimmer bei einer Kriegerwitwe, einer „herzensguten Frau“. Als Hornist, dem es obliegt, den Zapfenstreich zu blasen, ist er zeitweise vom Wachdienst entbunden. Im Februar 1940, als er wieder einmal vergeblich darauf hofft, dass ihm endlich ein Urlaub genehmigt wird, plagen ihn vermehrt Zweifel an einem guten Ende. Er ahnt, dass „mancher von uns dann wohl keinen Urlaub mehr brauchen wird.“ Gelegentlich - zum Teil gerade in Verbindung mit ernsten Gedanken – lässt Oskar seinen trockenen, teilweise derben Humor aufblitzen: „Kannst mir glauben, ich habe hier bestimmt keine Poussage. Ich lauf’ vielmehr herum, wie ein Hund ohne Schwanz“. Noch in den März 1940 hinein ist Oskar Kälte und Schnee ausgesetzt, bis er in der zweiten Märzhälfte aus dem Osten abgezogen und in den Westen verlegt wird. In einem Brief vom 31.03.40 schwärmt er von einem Besuch mit 3 Kameraden in Godesberg, der Fahrt mit der Fähre über den Rhein nach Königswinter und einer Wanderung mit dem Aufstieg zum Drachenfels.