Die Wandlung vom heiteren Hornisten aus der Vorderpfalz zum gnadenlosen Frontkämpfer
Die Mitteilungen Oskars von der Front widerspiegeln nicht nur den Wandel der Kriegslage zwischen dem Frühjahr 1939 und dem Mai 1942. Sie vermitteln auch manchen realistischen Einblick in den Alltag der Truppe. Unüberhörbar spricht aus den Briefen von Oskar an sein ‚Mandel’ die drastische Veränderung, die seine Persönlichkeit, sein Denken und Fühlen, durch den bedrückenden Alltag des Frontkämpfers erfährt. Seine nach Art des Pfälzers lebensfrohe Gesinnung, mit der auch sein vorübergehender Einsatz als Hornist der Truppe in Einklang steht, kommt immer seltener zum Vorschein. Die von ihm selbst unter den Bedingungen des Krieges lange Zeit bewahrte, positive Einstellung zum Leben, und die Zuversicht, nach einem – wie er nie aufhört zu glauben oder zu hoffen – in Kürze gewonnenen Krieg heil in die Heimat und zur geliebten Amanda zurückzukehren, weichen mehr und mehr der bitteren Erkenntnis, dass jeder Tag den Tod bringen kann. In der ersten Kriegsphase in Frankreich lässt Oskar noch ein gewisses Mitgefühl mit zwei Gegnern („…beide verheiratet“) erkennen, deren Kampfflugzeug von der deutschen Flak abgeschossen wird, und die in den Flugzeugtrümmern verbrennen. Als er zusammen mit einem Kameraden den ersten Franzosen gefangen genommen hat, zeigt er noch offen seine Scheu vor dem Töten: „Ich hatte trotzdem furchtbare Angst, er würde nun erschossen werden“. Oskars sittlich bestimmtes Denken verliert sich jedoch mehr und mehr im erbittert geführten Nahkampf seines Stoßtrupps. Bereits im August 1940 sind seine Bedenken gegen Willkür und das Töten wehrloser Zivilisten verflogen. Die anfängliche Hochachtung für die Kampfkraft der russischen Soldaten ist abgrundtiefem Hass gewichen. Oskar nennt die Russen nur noch Gesindel, Lumpen und Hunde, von denen möglichst viele verrecken sollen. Selbst das von seiner Einheit begangene, gegen jedes Kriegsrecht verstoßende Erschießen von Zivilisten und das Abbrennen eines Dorfes, in dem Partisanen vermutet werden, findet Oskars Zustimmung. Er sagt selbst von sich: „ich habe jedes Gefühl verloren“. Die Verzweiflung der Dorfbewohner lässt ihn kalt.