Wo und wie begann die lange Geschichte des Hundes, von den Anfängen seiner Entwicklung bis zu seiner heutigen Vielgestaltigkeit? Knochenfunde an vor- und frühgeschichtlichen Siedlungsplätzen belegen, dass der Hund als Begleiter des Menschen, als Wach- und Hütehund ebenso wie als Jagdbegleiter, den Rang des „ältesten“ menschlichen Haustieres einnimmt; also früher als alle anderen domestizierten Nutztiere wie Pferd, Schwein, Rind, Ziege, Schaf, Yak, Huhn, Ente, Gans, Truthahn und Taube. In der Forschung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die These bestätigt, dass nur der Wolf (Canis lupus lupus) als Stammvater aller rezenten Haushunderassen zu gelten hat. Die Herleitung der Haushunde von anderen Wildhunden wie dem Schakal (Canis aureus) oder dem Rothund (Cuon alpinus), wie es zeitweise von einigen Wissenschaftlern postuliert wurde, hat sich nicht bestätigt. Seit etwa 20.000 Jahren hat sich der Mensch - in einer stark zu seinen Gunsten gestalteten Symbiose zwischen Mensch und Haustier – die vielfältigen Eigenschaften des Wolfes zu Nutzen gemacht. Die Umformung des Wolfes zum Hund muss damit begonnen haben, dass die aus Afrika über Vorderasien nach Südeuropa einwandernden frühen Menschengruppen Wolfswelpen mit in ihre Behausungen nahmen. Vermutlich wurden die verträglichsten, lernfähigsten und weniger agressiven Jungtiere ausgewählt und in der Hausgemeinschaft gehalten, die restlichen Welpen vermutlich verzehrt. Auf diesem Wege führte die über viele Jahrhunderte praktizierte Zuchtwahl vom wildlebenden Wolf zum Haustier Hund. Der Zoologe Charles Darwin hielt es sogar für wahrscheinlich, dass die – oft genug recht einseitige – Liebe zum Menschen in den Genen des Hundes verankert sei. Er verfügt nicht nur in hohem Maße über Instinkt, Kraft und Ausdauer; er besitzt auch ein außergewöhnliches Riechvermögen. Mit mehr als 200 Millionen Riechzellen übertrifft er den Geruchssinn des Menschen um etwa das Zehnfache. Der italienische Canologe Piero Scanziani („Enciclopedia del Cane“) schreibt dem Hund Eigenschaften zu, die ihm von weiten Teilen der Wissenschaftler erst in jüngster Zeit zuerkannt werden. Er verfügt über ein Gedächtnis, Intelligenz und ein reiches Gefühlsleben. In der Tat wird dem Hund nicht nur von subjektiv und emotional motivierten Laien, sondern auch von modernen Verhaltensforschern ein „Seelenleben“ zugeschrieben, wie es nach der traditionellen, christlich-abendländischen Auffassung der menschlichen Art vorbehalten ist: eine tiefere Ebene der Existenz mit so vielfältigen Gefühlsempfindungen wie Liebe, Hingabe, Treue, Freude, Bedauern, Kummer, Verzweiflung, Wut, Eifersucht, Scham, Stolz, Phantasie, Neugier, Überraschung…