Doch zurück zu den Hunden der Sand-Algarve: Sei es während der früh-morgentlichen Jagd, sei es zur Ruhezeit in den brütend heißen Mittagsstunden, wenn Mensch und Tier den Schatten suchen, oder sei es nach Sonnenuntergang: Das Rudel ist stets vereint, jedes Mitglied der Gruppe erfüllt seine Aufgabe und genießt den Schutz der Zweckgemeinschaft. Die freien Hunde kennen keine Rassenschranken: auch der Anführer des Rudels ist in der Regel kein „reinrassiger“ Hund, sondern meist ein mittelgroßer bis großer, stark gebauter Rüde, der in der „zweiten Führungsebene“ von erfahrenen Fähen umgeben ist. Im „Tross“ des Rudels finden sich kleinwüchsige, sehr aufmerksame und vielseitige Hunde; daneben schlanke und wendige Typen sowie kräftige „Beißer“ in einer Art von „Body-guard“- Funktion. Vielleicht ist in diesen Hundetrupps gerade die Mischung aus den verschiedensten ‚Rassen ein wichtiger Erfolgsfaktor, wenn aus jeder Rasse die „Erfolgsgene“ erhalten bleiben. So kann jedem wirklichen Hundeliebhaber nur angeraten werden, als schützenden, zuverlässigen Begleiter einen „mischrassigen“ Hund zu suchen. Im Gegensatz zu den „Unfreien“, auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen der Menschen abhängigen Hunden, erschließen sich die „Freien“ in der Algarve-Landschaft eine eigene Domäne: Der sanft in das Meer auslaufende Sandstrand stellt für die frei lebenden Hunde nur einen kleinen Teil ihres Jagdreviers dar. Der weitläufigen Uferzone, die sich als weißes Band mit vorgelagerten Lagunen von Faro im Westen bis Villa Real de Santo Antonio im Osten hinzieht, sind Lagunen und langgestreckte Sandinseln vorgelagert. Hier, wo aus Sandflächen mit kargem Pflanzenwuchs hochbeinige, erdfarbene, eulenäugige Triele ihre einsamen Rufe tönen lassen, gilt es für das Hunde-Rudel, angeschwemmte Fische, Krebse oder sonstiges Kleingetier zu erbeuten. Im Glücksfall für die Hunde gelingt es ihnen bisweilen auch, Eigelege oder Jungvögel der hier nistenden Stelzenläufer, Sandregenpfeifer oder Zwergseeschwalben zu erbeuten, und damit das Nahrungsangebot in der Strandzone zu erweitern. Im Unterschied zu den begrenzten Möglichkeiten in der Uferzone erschließen sich landeinwärts im welligen Dünengelände, in den zwischen Senken eingelagerten Feuchtbiotopen und kleinen Kiefernwald-Inseln weitaus ergiebigere Jagdgründe: vor allem Kaninchen und Mäuse, aber auch Eidechsen und gelegentlich ein Rothuhn, können entweder im Überraschungsangriff oder durch gezielte Treibjagden des Rudels zur Strecke gebracht werden. Sind die Zeiten – bedingt durch Dürre und damit geringe Populationen der potentiellen Beutetiere – besonders schlecht, so sind die Rudelmitglieder hinreichend flexibel, um in der Notgemeinschaft derartige Mangelperioden zu überbrücken und aus dem Abfall der menschlichen Gesellschaft das Überleben der Gruppe zu sichern.