Freitag, 13.06.08: Zu der heute in und vor der Halligkirche auf Gröde stattfindenden Trauerfeier werden 120 Gäste von den umliegenden Halligen und vom Festland im Raum Dagebüll erwartet. Im Laufe des Vormittags rollt eine Lore nach der anderen über den Schienendamm heran; auch einzelne Boote legen am kleinen Hafen an.Wie gestern zeigen sich am Himmel phantastische Wolkenbildungen, teils scheint die Sonne, oder es fällt ein kleiner Schauer. Am Watt vor dem neuen Lorendamm nach Dagebüll halten sich etwa 240 Brandgänse auf.
Heute Nachmittach hat Frau N. Zwei neue Gäste von Langeness abgeholt, die am Abend mit mir essen werden. Es gibt heute frischen Hornfisch zum Abendessen, der nur zu dieser Zeit, wenn er zum Laichen in Küstennähe kommt, mit Blinkerangeln gefangen wird. Da ich starke Schmerzen habe (wohl von meinem Kopfstoß an die Stahlkante am Ausstieg von der „Rungholt“), habe ich mir heute Mittag um 13h von Frau N. eine Massage geben lassen, die mir recht gut getan hat: ein echtes „Wohlfühlprogramm“. Heute Morgen ist Taube „Frieda“ wieder an mein Fenster gekommen und hat sich auf den Fensterrahmen gesetzt, um einen Blick in mein Schlafzimmer zu erhaschen. Auch um 17h sitzt sie wieder am Dach vor meinem Fenster. Offenbar möchte sie an allem, was sich tut, teilhaben. Will man „Frieda“ mit Brotkrümeln füttern, so verschmäht sie diese – nur Dinkelkörner entsprechen ihren hohen Ansprüchen. Sie ist eben eine „Edeltaube“!
Frieda
Brieftaube Frieda
ist in den Uthlanden gestrandet,
nach kreisendem Flug
am Friesenhaus, im Garten gelandet.
Frieda’s Hals schimmert zart- violett,
überzogen mit goldenem Schein;
nie zeigt sie Hektik,
Frieda ist still, glatt und adrett,
bewegt sich würdig und fein.
Am Fuß, aus Plastik ein gelbes Band
Inklusive Zuchtnummer und Code;
Sie trägt ihr Gefieder, grau, elegant
nach bester Brieftaubenmode,
fliegt auf Oland nur kurze Runden;
Frieda hat, wie es scheint,
auf der Hallig ein neues Heim gefunden,
ihren Reisetrieb für’s erste verdrängt;
sie fühlt sich hier sicher
und offenbar kaum beengt.
Schon jetzt – ich kann’s nicht verhehlen,
fürchte ich: Brieftaube Frieda
wird mir fehlen.
Auf der Hallig
Schafe dösen, gedrängt um die Tränke,
violettes Gräserwogen,
kaum Wasservögel an der Blänke,
bei Wind in Stärke 6 aus Nord.
Brandgänse sind ins Watt geflogen,
Ringelgänsen nun schon fort,
in die nordische Tundra gezogen.
Zwei Loren rappeln
über den Schienendamm,
seitlich am Priel äugt einfältig
ein Salzwiesenlamm;
an der Lahnung haben sich Hunderte
Austernfischer versammelt,
an meinem Weg ein toter Bisam
- schon reichlich vergammelt.
Halligwanderung
Ich wandere
unter nordfriesischem Licht;
die Weite, das Leuchten,
der Wolken Wechselspiele
zu beschreiben vermag ich nicht,
es sind ihrer zu viele.
Schwingelgräser schwimmen
wie fließende Wellen im Wind;
Sonne ist längst enteilt,
weithin kein Ton, keine Stimmen;
auf der Warft, am Fething
spielt still ein Kind.
Im Laufe des Tages sehe ich, wie der der Witwer der Verstorbenen mit der Lore mehrere Blumengebinde vom Festland holt. Immer mehr Verwandte der Trauerfamilie und Gäste treffen mit der Lore oder zu Boot auf Gröde ein.